Handel mit Föten - Hilfe für die Forschung?
Angesichts der Bilder sprach McConnell von einem "schockierenden Mangel an Mitgefühl". Das wird auch bei den Demokraten mancher so empfunden haben. Doch am Ende stimmten am Montag (Ortszeit) nicht genügend Senatoren für die republikanische Initiative, "Planned Parenthood" rund 500 Millionen Dollar (450 Millionen Euro) öffentlicher Förderung aus der Staatskasse zu streichen.
Unterdessen blieb die Vorsitzende der Organisation Cecile Richards in einem Gastbeitrag in der "Washington Post" bei der Position, "Planned Parenthood" habe sich an Recht und Gesetz gehalten. Der Vorwurf, die Organisation betreibe einen schwunghaften Handel mit Organen, Zellgewebe und anderem Material abgetriebener Föten sei "falsch und absurd". Zugleich verteidigte Richards die Entscheidung von Frauen, der Wissenschaft mit ihrer Fötenspende "zu helfen".
O'Malley: Abtreibung als Angriff auf das menschliche Leben
Dass das auch eine Frage des Blickwinkels ist, verdeutlicht die Reaktion der katholischen US-Bischöfe. Nach Worten des Bostoner Kardinals Sean O'Malley, in der Bischofskonferenz für das Thema Lebensschutz zuständig, bestätigen die Videos die Kritik von Papst Franziskus an einer "Wegwerfkultur" moderner Gesellschaften. Abtreibung sei für sich genommen ein Angriff auf das menschliche Leben, so O'Malley. Darüber hinaus stelle auch die Gewinnung von Zellen und Organen aus Föten "ein Versagen dar, die Menschlichkeit und Würde von Leben zu respektieren".
Während der Bostoner Kardinal seine Stellungnahme mit Bedacht formulierte und Frauen, die abgetrieben haben, Hilfe und Unterstützung zusicherte, wurde der Vorsitzende der US-Bischofskonferenz deutlicher. In einem Radio-Interview erklärte Erzbischof Joseph Kurtz von Louisville, er sei "abgestoßen" von den Videos, aber noch mehr von der "Realität von Abtreibungen selbst".
Die drei bisher veröffentlichten Videos belegen beides: dass "Planned Parenthood" abgetriebene Föten gegen eine Gebühr an die Forschung "vermittelt" - aber auch, dass sie daraus kein Geschäft macht. Letzteres wäre ein Straftatbestand. Wie so häufig in US-Kulturkämpfen dieser Art gibt es Übertreibungen auf allen Seiten.
Jede fünfte Amerikanerin nimmt Dienste von "Planned Parenthood" in Anspruch
Einerseits haben sich die ertappten Vertreter der vor knapp 100 Jahren gegründeten Frauen-Gesundheitsorganisation kaum taktvoll verhalten, als sie in einem Fall bei Rotwein und Salat erörterten, wie die Organe von Föten während der Abtreibung zu schützen seien. Andererseits wird auch die Rolle von "Planned Parenthood" überzeichnet.
Abtreibungen machen rund zehn Prozent der Aktivitäten der US-Organisation aus. Die übrigen Dienstleistungen bestehen aus klassischen Gesundheitsleistungen sowie aus Aufklärungs- und Präventionsmaßnahmen. Jede fünfte US-Amerikanerin nimmt im Laufe ihres Lebens Dienste von "Planned Parenthood" in Anspruch. Die staatlichen Zuschüsse fließen nachweislich nicht in Aktivitäten, die mit Abtreibung zu tun haben.
Trotz ihrer Niederlage im Senat wollen die Republikaner nicht locker lassen. Sie glauben, mit Hilfe der Videos die Stimmung im Land zum Thema Abtreibung drehen zu können. Nach der als Niederlage empfundenen Genehmigung der "Homo-Ehe" sehen sie darin eine gute Chance, wieder in einer moralischen Frage zu punkten. Mit den Haushaltsgesetzen, die beschlossen werden müssen, besitzen sie ein Druckmittel, das die demokratische Regierung zur Not bis zum Stillstand führen kann.