Theologen loben Jan Loffelds neues Buch als Pflichtlektüre
In ihrer Bewertung sind sich die Theologen Tomas Halik und Jan-Heiner Tück einig: Das neue Buch von Jan Loffeld (Foto oben) ist unbedingt lesenswert. Im auf dem Online-Portal der Zeitschrift "Communio" am Freitag veröffentlichten Vorwort zu Loffelds Buch "Wenn nichts fehlt, wo Gott fehlt", schreibt Halik, das Werk sollte eine Pflichtlektüre für alle sein, die sich in christlichen Kirchen engagieren.
Jan Loffeld, der im niederländischen Tilburg Praktische Theologie lehrt, veröffentliche im vergangenen Jahr das Buch "Wenn nichts fehlt, wo Gott fehlt". Darin analysiert er die gegenwärtigen Herausforderungen der Kirche und zeigt mögliche Perspektiven für ein zukünftiges Christentum auf.
Er halte das Buch für die "wertvollste und eindringlichste soziologisch-theologische Reflexion über die anhaltenden Veränderungen der religiösen Szene, die in diesem Jahrhundert geschrieben wurde", so der Soziologe und Priester Halik. Der renommierte Theologe bekennt, er müsse zugeben, dass manche aufschlussreiche Analysen ihn dazu gebracht hätten, seine Meinungen zu revidieren: "Nach der Lektüre dieses Buches musste ich mir eingestehen, dass ich in bestimmten Dingen Illusionen unterworfen war, die der Autor enthüllt und überwindet", gesteht Halik.
Synodale Erfahrung half beim Lesen
Das Lesen des Loffeld-Buchs sei für ihn ein schmerzhafter Prozess gewesen, schildert der Prager Theologe Halik. "Wenn ich nicht im Rahmen von Synodenversammlungen und 'Gesprächen im Geist' gelernt hätte, meine eigene Perspektive 'in Klammern' zu setzen, still und geduldig darüber nachzudenken, wie Gottes Geist uns durch 'die anderen' ansprechen kann, deren Perspektive und Erfahrungen völlig anders sind als ich, hätte ich dieses Buch wahrscheinlich nicht zu Ende lesen können." Doch so habe er es gleich mehrfach gelesen, darüber nachgedacht und diskutiert.

Tomas Halik.
Nun könne er würdigen, dass Loffeld in einem weiten Zusammenhang, ohne Ausschmückungen, Illusionen und Selbstzensur, die Krise des zeitgenössischen kirchlichen Christentums sehe. Der Autor lehne billige Antworten und Rezepte ab und gebe ehrlich zu, dass er auf manche Fragen keine Antworten habe. Dennoch rege er durch sein eigenes Beispiel zu einer treuen, beharrlichen und kreativen Suche nach ehrlichen Antworten und praktischen Lösungen an.
Statt Pluralismus – religiöses Desinteresse
Was Loffeld schonungslos analysiert, ist, dass immer mehr Menschen gar nicht mehr danach fragen, worauf das Evangelium antwortet. Wie Jan-Heiner Tück am Freitag bei "Communio" beschreibt, hält Loffeld in seinem Buch verschiedenen Deutungen der Transformationsprozesse in modernen Gesellschaften die Fakten der jüngsten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung entgegen. Während man bisher davon ausgegangen sei, dass religiöses Leben vielfältiger und individualisierter würde, zeigten aktuelle Zahlen, dass nur wenige Menschen zwischen verschiedenen Konfessionen gewechselt seien, dafür aber 25 Prozent ihre Religionsgemeinschaft verlassen haben. Der Anteil der Säkularen steige immer weiter an.
Theologe Tück kommentiert, Kirche und akademische Theologie sollten diese Daten für eine realitätsgerechte Selbstvergewisserung nutzen. Jan Loffeld werbe für eine lernbereite dialogische Haltung. "Weder ein bockiger Traditionalismus, der sich in regressiver Absetzung zur säkularen Welt als alleinseligmachende Alternative präsentiert, noch eine chamäleonartige Anpassungsbeflissenheit, die im Namen der Anschlussfähigkeit das eigene Profil abschleift, sind angemessene Antworten auf die Verschiebungen des religiösen Feldes", schreibt Tück.
Halik bilanziert, eine immer größere Pluralität der Zivilisation sei zu erwarten. So solle das Christentum von morgen verstärkt die anspruchsvolle "Kunst der geistlichen Unterscheidung" pflegen, die Papst Franziskus anmahne. Dazu gehöre auch der Verzicht auf Illusionen und allzu einfache Interpretationsschemata. Das Buch von Loffeld biete dafür sehr nützliche Werkzeuge, so Halik. (KNA)