Heiliger oder Teufel?
Seit Monaten protestieren die Indianer gegen dieses Vorhaben. Denn während der Vatikan Serras tiefen Glauben und den missionarischen Eifer betont, werfen Kritiker dem spanischen Missionar vor, er sei für Zwangstaufen, kulturelle Unterdrückung und sogar Massenmord verantwortlich gewesen. "Genozid = Heiligkeit" steht auf einem Plakat. Es zeigt Kirchenfürsten mit Hitler-Bärtchen. Die Kirche spreche mit Serra auch "symbolisch den Genozid, Kolonialismus und weißes Überlegenheitsdenken heilig", sagt Olin Tezcatlipoca von der Indianerorganisation Mexica Movement. Die Gruppe organisiert die Proteste. "Wenn wir nicht demonstrieren, heißt das, es wäre ok für uns", sagt er.
Als Missionar nach Kalifornien
Pater Junípero Serra (1713-1784) wurde auf Mallorca geboren und ging im Alter von 36 Jahren in die spanischen Kolonien im heutigen Mexiko und später als Missionar nach Kalifornien. Dort gründete er die ersten neun von 21 Missionen - das waren religiöse und militärische Stützpunkte, von denen die Kolonialisierung vorangetrieben wurde. Der US-Bundesstaat ehrt ihn als Gründungsvater. Museen, Straßen und Schulen sind nach ihm benannt. Doch in den vergangenen Jahrzehnten, mit mehr Forschung und Bewusstsein für die Schattenseiten der Kolonialherrschaft, wird sein Wirken kritischer gesehen. In den Missionen wurde die indigene Bevölkerung überzeugt, zum Christentum überzutreten - auch durch Zwang und Gewalt. Sie musste in den Missionen leben und arbeiten, ihre Kultur wurde bewusst ausgelöscht.
Papst verteidigt Heiligsprechung
Papst Franziskus hat die Heiligsprechung von Junipero Serra verteidigt. Häufig konzentriere man sich bei Missionaren darauf, gewissenhaft ihre Stärken, "aber vor allem ihre Grenzen und Schwächen" zu untersuchen, sagte der Papst im Mai. Er selbst hingegen frage sich, "ob wir heute imstande sind, mit der gleichen Großherzigkeit und dem gleichen Mut auf den Ruf Gottes zu antworten", so Franziskus während eines Gottesdienstes für den Franziskanerpater. Serra habe wie viele andere Missionare auch der indigenen Bevölkerung Nordamerikas das Christentum gebracht und sie zugleich gegen Übergriffe der Kolonialherren verteidigt, erklärte Franziskus. Er würdigte den auch als "Apostel Kaliforniens" bekannten Serra als einen der "Gründerväter der Vereinigten Staaten, Heiligen der Katholizität und besonderen Beschützer der Hispanoamerikaner". Sein Lebenszeugnis rufe Christen auch heute zum missionarischen Wirken auf. (luk/KNA)Viele starben an von Europäern eingeschleppten Krankheiten. Viele Menschen würden sich fragen, warum der Papst einen Mann, der ein solches System unterstützte, nun heiligspreche, sagt der Historiker und Autor einer Serra-Biografie Steven Hackel. Während 1767 noch 300 000 Indianer in Kalifornien lebten, waren es 80 Jahre später nur 50 000. Dieser Bevölkerungskollaps habe während der Missionszeit begonnen, sagt Hackel. "Serras Plan war ein wichtiger Grund dafür. Er hat diese Entwicklung begonnen."
Vorbildlicher Missionseifer
Ein Hauptstreitpunkt ist die Frage, ob Serras Missionierung der Indianer nun richtig oder falsch war. Für Papst Franziskus war Serras Eifer vorbildlich. Im Mai sprach er die Missionare indirekt von den Missständen der Kolonialisierung frei und betonte deren Einsatz für die indigene Bevölkerung. Serra sei ein "spezieller Schutzheiliger" von Menschen lateinamerikanischer Abstammung, sagte der Papst, der selbst aus Argentinien stammt.
Die Erzdiözese Los Angeles möchte Serras Anteil an der Kolonialisierung im Kontext seiner Zeit sehen. Für Kritiker ist das jedoch Schönfärberei: "Pater Serra war verantwortlich für den Betrug, die Ausbeutung, Unterdrückung, Versklavung und den Genozid von Tausenden indigenen Kaliforniern", hieß es in einer Petition des Kizh-Gabrieleño-Stammes. Sie fordert den Papst auf, die Heiligsprechung zu überdenken. "Die seither vergangene Zeit hat aus dem Vordenker des brutalen Missionssystems keinen Heiligen gemacht."