Deutliche Kritik an Josef-Pieper-Stiftung

Akademiedirektor: Dialogbereitschaft fehlte bei Tagung mit Barron

Veröffentlicht am 01.08.2025 um 10:41 Uhr – Lesedauer: 

Münster ‐ Selten polarisiert eine Akademietagung so sehr wie die anlässlich der Pieper-Preisverleihung an Bischof Robert Barron: Stellungnahmen, Proteste und eine Mahnwache. Der Hausherr zeigt sich danach kritisch mit den Veranstaltern – und selbstkritisch.

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Der Direktor des Münsteraner Franz-Hitze-Hauses, Johannes Sabel, sieht bei der Josef-Pieper-Stiftung mangelnde Bereitschaft zu Austausch und Dialog anlässlich der Verleihung des Pieper-Preises an Bischof Robert Barron. In einer am Donnerstag veröffentlichten Stellungnahme kritisiert Sabel den Ausschluss von bestimmten Medien und die fehlende Diskussion bei der in den Räumlichkeiten der Münsteraner Bistumsakademie ausgerichteten Tagung deutlich. "Die in der Tagung methodisch ausgeschlossene Möglichkeit auch nur einiger weniger Fragen wirkt wie eine diskursive Abkapselung von der diskursiven Wirklichkeit, die sich doch vor der Tagung so deutlich gezeigt hat", so Sabel.

Bei der Veranstaltung seien "viele, auch unerwartete" Lesarten Piepers geäußert worden, die es auch angesichts der öffentlichen Diskussion verdient hätten, gestellt und gemeinsam diskutiert zu werden. "Aber der Weg des Dialogs gerade auch angesichts der kritischen Anfragen im Vorfeld der Tagung wurde nicht ermöglicht", so Sabel weiter. Er sieht darin eine vergebene Chance für die Stiftung, "denn sie hätte zeigen können, dass sie in der Gegenwart steht, deren Ambivalenzen wahrnimmt, reflektiert und in den Dialog bringt". Die Vermeidung von Diskussionsmöglichkeiten entspreche nicht der Idee und dem Grundverständnis einer Akademie, die sich als Ort von Austausch und Dialog versteht.

Eindruck, dass es der Stiftung um "Diskurskontrolle" geht

Scharf kritisiert Sabel, dass verschiedenen Medien, darunter dem WDR, der Deutschen Presseagentur und der Münsteraner Bistumszeitung "Kirche+Leben" durch die Pieper-Stiftung eine Akkreditierung verweigert wurde: "Auch das widerspricht dem Öffentlichkeitscharakter und der grundsätzlichen Diskursoffenheit einer Akademie – und der Eindruck wird verfestigt, dass es der Pieper-Stiftung um Diskurskontrolle geht." Für die Akademie bedeute dies für die Zukunft, dass solche Reglementierungen auch für Gasttagungen nicht mehr vorkommen dürften.

Dass keine Kritiker der Tagung bei der Veranstaltung anwesend gewesen seien, sei bemerkenswert. Dafür könne es jeweils individuelle Gründe geben. "Doch die Kritik alleine in 'Distanzgefechten' zu formulieren und dies über Insta-Posts dann noch zu bekräftigen, ohne die Gelegenheit zu nutzen, sich vor Ort einen unmittelbaren Eindruck des Kritisierten zu bilden – das deutet nicht darauf hin, dass dem direkten argumentativen Austausch hinsichtlich eines Erkenntnisfortschritts eine Chance eingeräumt wird." Das zeige, dass es offenbar auf beiden Seiten wenig Bemühen gebe, über das Freund-Feind-Schema hinauszukommen.

Johannes Sabel
Bild: ©privat (Archivbild)

Johannes Sabel ist seit 2023 Akademiedirektor des Franz-Hitze-Hauses, der Bistumsakademie der Diözese Münster.

Der Akademiedirektor hält weiterhin daran fest, "dass auch kritisch zu beurteilende Positionen und Aussagen, die bei Bischof Barron sichtbar sind oder vermutet wurden, einen Raum in der Akademie haben müssen". Künftig müsse aber bei Tagungen in der Akademie, auch wenn sie von externen Veranstaltern organisiert werden und die Akademie nur die Räumlichkeiten stellt, stärker auf den Aufbau und Diskussionsmöglichkeiten geachtet werden: "Für die Akademie ist deutlich geworden, dass unser Vertrauen in die Möglichkeit eines echten Gesprächs bei dieser Veranstaltung zu hoch war." Sabel kündigte an, die Frage, wie angemessene Diskussionen bei polarisierenden, emotional aufgeladenen Themen "kirchlich und gesellschaftlich produktiv und zum Wohle aller" geführt werden können, aufzunehmen und weiter zu verfolgen.

Monatelange kontroverse Diskussion

Die Verleihung des Josef-Pieper-Preises an den US-amerikanischen Bischof Robert Barron sorgt seit Monaten für Diskussionen. Ende Mai hatte das Diözesankomitee Münster, die Vertretung der katholischen Laien, sich gegen die Auszeichnung gewandt. Barron habe sich mehrfach queerfeindlich geäußert und befürworte die Politik des US-Präsidenten Donald Trump gegen Transmenschen, begründete das Diözesankomitee seine Position. Anfang Juli bezeichnete der Diözesanverband Münster des Bundes der deutschen katholischen Jugend (BDKJ) Positionen des Bischofs als im Widerspruch zu demokratischen Werten und dem christlichen Selbstverständnis. Mehrere Verbände veranstalteten eine Mahnwache am Sonntag parallel zur Preisverleihung.

Besonders deutlich äußerte sich in der vergangenen Woche die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Münster. "Wir verstehen katholische Theologie auf der Grundlage des Zweiten Vatikanischen Konzils, das den christlichen Glauben in seiner geschichtlichen Dynamik ausgelegt hat." Die Deutung des Katholizismus, für die der Preisträger stehe, sende andere Signale: "Bischof Barron kooperiert mit religiös-politischen Netzwerken, die autokratische politische Kräfte in den USA, in Europa und darüber hinaus ideologisch unterstützen", heißt es in einer Erklärung der Fakultät. Zustimmung zur Preisverleihung äußerte der Wiener Alttestamentler Ludger Schwienhorst-Schönberger. In einem Beitrag für die Zeitschrift "Communio" würdigte er die Entscheidung der Josef-Pieper-Stiftnung als "kluge und mutige Entscheidung", die Hoffnung gebe, "dass der Theologie und Kirche in Deutschland und Österreich 'noch nicht aller Tage Abend' ist". (fxn)