Erzbischof Gänswein: Das Papstamt wäre mir "Nummern zu groß"
Georg Gänswein hat eigene Ambitionen auf das Papstamt abgestritten. "Daran habe ich nie gedacht", erklärte der Nuntius im Baltikum im Interview mit dem katholischen Fernsehsender "K-TV". In dem am Montag veröffentlichten Video erklärt der aus dem Schwarzwald stammende Erzbischof: "Das wäre Nummern zu groß."
Gefragt, ob er als Privatsekretär des Papstes nicht manchmal gedacht habe, er selbst hätte lieber anders entschieden, erklärte Gänswein, er könne sich nicht an einen inneren Konflikt mit Papst Benedikt XVI. wegen dessen Entscheidungen erinnern. Lediglich beim Thema Sport habe es ein "freundschaftliches Gegeneinander" gegeben: "Er mochte keinen Sport", erinnert sich Gänswein. Er selbst hingegen habe so gut es ging Sport getrieben. Benedikt XVI. habe es immer "etwas sonderbar" gefunden, "dass man einem Ball hinterherläuft oder die Hänge heruntersaust oder auf die Berge klettert". Er sei gerne spazieren oder wandern gegangen, "aber sobald es ins sportlich Intensivere ging, da war dann das Licht aus".
Papstrücktritt am Rosenmontag
Gänswein erklärte, warum sein damaliger Chef seinen Rücktritt als Papst ausgerechnet am Rosenmontag bekannt gegeben habe: "Der Rosenmontag im Jahr 2013 war der 11. Februar – der Gedenktag der Muttergottes von Lourdes." Diesen Tag habe Benedikt XVI. nicht wegen des Rosenmontags für seinen Rücktritt gewählt, sondern weil an diesem Tag im Vatikan arbeitsfrei war und weil für diesen Tag bereits eine Versammlung der Kardinäle in Rom eingeplant war. Diese wichtige Entscheidung habe er zunächst gegenüber den versammelten Kardinälen erklären wollen. "Dass der gleiche Tag auch der Rosenmontag war, das war nicht auf dem vatikanischen Bildschirm", so der ehemalige Papstsekretär. Als ihm diese Erkenntnis gekommen sei, sei es zu spät für eine Planänderung gewesen. Dass man in Deutschland angesichts der Terminierung des Papstrücktritts zunächst von einer Falschmeldung ausgegangen sei, könne er "gut verstehen", kommentierte Gänswein.
Der ehemalige Privatsekretär von Benedikt XVI. beschreibt diesen als menschliche Führungskraft: "Ich habe ihn nie erlebt als jemand, der aufgeregt war oder gar wütend oder geschrien hat, sondern jemand, der in sich ruhte, der wusste, welche Aufgabe er zu tun hatte und wie er diese Aufgaben zu bewältigen hatte." Er selbst habe sich von ihm Milde abgeschaut, "die ist mir nicht von Natur aus gegeben". Er habe gesehen, dass Aufgaben mit Ruhe und aus einem starken Glauben heraus zu bewältigen seien. Wenn der Glaube nicht die Antriebskraft des Tuns sei, werde es zu einem Job, "dann wird es zu einer Tätigkeit, die an Glaubwürdigkeit sehr viel einbüßt".
Fünf Jahre Vilnius
Ein päpstlicher Nuntius ist laut Gänswein üblicherweise zunächst für fünf Jahre beauftragt. Daher gehe er für seinen Aufenthalt in Vilnius auch von fünf Jahren aus. "Inwieweit Papst Leo XIV. eine andere Idee hat, was ich tun könnte, oder welche Aufgabe ich übernehmen könnte, das weiß ich nicht." Er versuche jetzt, seine aktuelle Aufgabe von ganzem Herzen auszuführen. Die Sorge vor einer russischen Bedrohung sei in Estland, Lettland und Litauen mit den Händen zu greifen. Angesichts dessen sei die geistliche Präsenz des Papstes in der Person des Nuntius vor Ort für die Menschen ein Zeichen der Hoffnung. "Das habe ich immer wieder gespürt", so Gänswein. Eine Grundhoffnung der Menschen sei, dass der Papst dazu beitrage, den Frieden zu finden.
Vilnius als "Rom des Nordens" sei geprägt von über vierzig Kirchen. Er mache gezielt Spaziergänge durch die Altstadt, um die verschiedenen Kirchen zu sehen und dort zu beten. Die beiden Wallfahrtskirchen spielten hier eine besondere Rolle. Er selbst fühle sich zumindest als "halber Römer", weil er die meiste Zeit seines Lebens nicht im Schwarzwald, sondern in Rom verbracht habe. (KNA)
