"Ich fand es peinlich, dass ich Gottschalk peinlich fand"

Theologe Lütz schämt sich für Gedanken über Gottschalk-Auftritte

Veröffentlicht am 11.12.2025 um 10:28 Uhr – Lesedauer: 

Augsburg ‐ Ist Thomas Gottschalk peinlich? So dachten vor Bekanntwerden seiner Krebsdiagnose einige Menschen über die Auftritte des Moderators. Auch er, bekennt der Theologe Manfred Lütz. Nun äußert er Bedauern – und einen Wunsch.

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Der Theologe Manfred Lütz empfindet Scham für seine frühere Meinung über TV-Star Thomas Gottschalk. Angesprochen darauf, dass Gottschalk in den vergangenen Monaten auf viele Menschen peinlich und zunehmend bitter gewirkt habe, sagte Lütz der "Augsburger Allgemeinen" vom Donnerstag: "So dachte ich zeitweise auch. Aber nachdem ich von seiner Krebsdiagnose erfahren hatte, habe ich mich, ehrlich gesagt, ein bisschen geschämt für meine Gedanken. Ich fand es peinlich, dass ich Gottschalk peinlich fand."

Ihm sei auf einmal bewusst geworden, "wie gnadenlos wir mit Prominenten und bekannten Menschen umgehen", ergänzte Lütz. "Hätte man nicht milder mit Gottschalk umgehen können? Diese Art, alles hämisch zu kommentieren, sobald etwas nicht ganz glatt läuft, ist unmenschlich. Das gilt genauso für unseren Umgang mit Politikern."

"Was wollen wir für Entertainer haben?"

Der katholische Theologe führte aus: "Bundeskanzler Friedrich Merz rackert sich ab, Freitag Brüssel, Samstag Jordanien, Sonntag Israel, Montag London, und dann noch abends in die anstrengende 'ARD-Arena' – und doch muss er sich noch nach Wochen seine 'Stadtbild'-Aussage vorwerfen lassen. Dabei hätte man mit ein bisschen Wohlwollen verstehen können, was er da wirklich meinte. Was wollen wir denn für Politiker haben? Welche, die immer aalglatt formulieren? Was wollen wir für Entertainer haben? Welche, die stets perfekt sind?"

Lütz fügte hinzu, er wünsche Gottschalk, dass die Menschen, die ihm nahestünden, offen mit ihm redeten. "Und dass er auch jetzt trotz allem erleben kann, wie schön das Leben ist. Manche Krebspatienten haben mir gesagt: 'Der Tag, an dem ich die Diagnose bekam, war ein schrecklicher Tag, doch seit diesem Tag erlebe ich jeden Tag viel farbiger, viel intensiver, und ich ärgere mich so, dass ich das nicht schon vorher gemacht habe.'" Das Bewusstsein der Unwiederholbarkeit jedes Moments, erklärte Lütz, sei Voraussetzung für ein glückliches Leben. (KNA)