"Es ist euer Haus"
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Nachts zeigt sich der Petersplatz von seiner besonderen Seite: Er ist leer. Das weiße Gebäude hebt sich gegen den dunklen Himmel ab. Die Schönheit und Eleganz des vom Barockkünstler Bernini entworfenen Ortes zeigt sich erst dann, wenn einmal keine Horde Touristen Sicht und Stimmung verdirbt.
Doch es gibt auch eine andere Szenerie: Dort, wo normalerweise Menschenmassen rasten oder für den Einlass in den Dom teilweise stundenlang Schlange stehen, verbringen zahlreiche Obdachlose Roms die Nacht. Zwischen den Kolonnaden haben sie ihr Lager aufgeschlagen, manche betten sich auf Kartons, andere liegen auf dem blanken Boden. Der Raum zwischen den Säulen gleicht dem Schlafabteil eines Zuges. Dort kauern sie, das Gesicht weg von der Straße, auf den Petersdom gerichtet.
"Dono di Misericordia" - "Geschenk der Barmherzigkeit"
Wer vorbeigeht, kann nicht wegsehen. Will man auf dem schmalen Gehsteig gehen, der um den Platz führt, sind manchmal Arme oder Beine der Schlafenden im Weg. Manch einer der Obdachlosen hat einen Schlafsack. Und der könnte von Papst Franziskus sein. Der Pontifex ließ zu seinem 78. Geburtstag 300 Schlafsäcke verteilen, Anfang des Jahres wurden Duschen in der Nähe des Petersplatzes installiert, und auch einen Friseurbesuch spendierte die apostolische Almosenverwaltung, um den Menschen ein Stück ihrer Würde zurückzugeben. Einige von ihnen lud der Papst zu einem Besuch in der Sixtinischen Kapelle und zu einem Konzert im Vatikan ein, mit den beachtlichen Worten: "Es ist euer Haus!"
Nun hat der Vatikan den Obdachlosen einen neuen Schlafsaal ermöglicht, ganz in der Nähe des Petersplatzes. Gerade zur rechten Zeit, denn so langsam wird es auch in Rom kühler, gerade nachts. "Dono di Misericordia" - "Geschenk der Barmherzigkeit" heißt der neue Zufluchtsort. Barmherzigkeit - das ist für Franziskus keine bloße Floskel, die manche Ansprache schmückt, es ist für ihn eine Aktion, ein Vollzug des Christseins. Teilte der heilige Martin seinen roten Mantel mit dem Bettler, teilt Franziskus mit den Ärmsten Roms. Doch natürlich gehört einem Papst nicht der ganze Kirchenbesitz - er hat andere Möglichkeiten.
34 Schlafplätze, christliche Kunst an der Wand
Die Räume der neuen Unterkunft wurden ihm vom Jesuitenorden geschenkt, als Franziskus dazu einlud, sich mehr den Bedürftigen zuzuwenden. Bisher war dort ein Reisebüro. Nun können 34 Personen übernachten, kleine Abteile mit Stockbetten stehen bereit, christliche Kunst hängt an der Wand. Zur Hostel-Atmosphäre trägt bei, dass die Übernachtungsgäste auf Zeit außerdem Frühstück und Abendessen bekommen und die Möglichkeit haben, ihre Wäsche zu waschen.
Der Papst ist nicht der Einzige mit einem großen Herzen für die Armen. Auf den Straßen Roms stößt man immer wieder auf rührende Szenen - etwa auf einen Franziskanerpater, der Äpfel und Orangen im Rucksack trägt und sie verteilt. Dem "Padre" wird überschwänglich gedankt. Manchmal ist Barmherzigkeit ganz einfach.