"Wir als Kirche stehen auf Eurer Seite"
Frage: Bischof Overbeck, Sie kommen gerade zurück von einem Truppenbesuch auf Zypern und im Libanon. Wie geht es den deutschen Soldaten dort?
Overbeck: Sie machen nach meinem Eindruck sehr professionell ihre Arbeit, bei der sie ja vor allem im Rahmen des UN-Mandats mit dazu beitragen sollen, Schmuggel und Waffentransporte zu unterbinden. Aber sie sind sich auch der prekären Lage in der gesamten Region bewusst - politisch wie militärisch. Und da sind sehr viele froh, die Militärseelsorger an ihrer Seite zu haben, die immer ein offenes Ohr für alle haben.
Frage: Haben die Soldaten mit Ihnen über diese schwierige Lage gesprochen?
Overbeck: Das ist immer wieder ein Thema. Sie beobachten sehr genau die Auseinandersetzungen in und um Syrien, die Spannungen zwischen dem Iran und Saudi-Arabien, den Terror des IS und was sich da sonst so alles tut. Und das lässt keinen völlig kalt - bei aller Routine und Professionalität im alltäglichen Einsatz.
Frage: Wie groß sind die Sorgen der Angehörigen zu Hause, die ja auch sehr gespannt die unruhige Situation in der Region verfolgen?
Overbeck: Natürlich kommen da viele Fragen, denn es gibt ja dank der modernen Technik gute Kontakte zu den Familien. Aber ich höre auch immer wieder, wie sehr sich alle hier vor Ort darum bemühen, extrem verantwortungsbewusst zu handeln, um alle nur denkbaren Gefahren so gut es geht zu vermeiden. Das gehört sicher zu den wichtigsten Aufgaben der Verantwortlichen. Auf der anderen Seite haben natürlich alle daran zu knabbern, mehrere Monate von der Familie getrennt zu sein - nicht nur an den zurückliegenden Weihnachtstagen, wo es manchen besonders schmerzlich bewusst wurde.
Frage: Was haben Sie denn den Soldaten sagen können als Militärbischof?
Overbeck: Zuerst geht es mir natürlich um die klare seelsorgerliche Botschaft: Wir als Kirche stehen auf Eurer Seite - egal, was auch kommen mag. Und dann habe ich auch über die veränderten Herausforderungen gesprochen, die durch die zunehmende Globalisierung entstehen. Denn heute gibt es kaum noch lokal begrenzte Aufgaben, weil fast alles in größeren Zusammenhängen stattfindet. Und hier leisten unsere Soldaten auch einen wichtigen Dienst im Sinn einer weltweiten Solidarität mit den Opfern von Krieg und Terror.
Frage: Welche Rollen spielen hier Militärseelsorger?
Overbeck: Sie haben immer eine doppelte Aufgabe: einmal die klassische geistliche Begleitung durch Gebet, Gespräch und Gottesdienste. Heute natürlich fast überall ökumenisch in gutem und engem Kontakt zur evangelischen Militärseelsorge. Das Zweite ist die menschliche Begleitung, natürlich auch für Andersgläubige oder Menschen ganz ohne Religion: immer ein offenes Ohr haben, als Gesprächspartner zur Verfügung stehen, unsere menschliche Perspektive und unsere Werte einbringen in den Alltag und vieles mehr.
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Frage: Es gab in den letzten Wochen auch sehr kritische Stimmen aus den Kirchen, etwa zum Syrien-Einsatz der Bundeswehr. Fühlen sich da auch manche Soldaten verunsichert oder gar im Stich gelassen?
Overbeck: Das war hier weniger ein Thema, denn der UNIFIL-Einsatz läuft ja schon seit vielen Jahren und ist auch in keinster Weise umstritten, soweit ich das beurteilen kann. Aber natürlich sind auch die meisten Soldaten sehr nachdenklich und genauso besorgt wie viele andere anlässlich der aktuellen Entwicklungen. Sie machen professionell ihren Job im Rahmen eines vom Parlament gegebenen klaren Auftrags, aber sie stellen auch sehr grundsätzliche Fragen. Das halte ich auch für sehr wichtig, immer wieder über die Ziele eines Einsatzes nachzudenken und über die richtigen Mittel, wenn es etwa darum geht, wie man Terror und Gewalt im Nahen Osten stoppen kann. Aber wie gesagt, das hat weniger mit der konkreten Arbeit hier vor Ort zu tun.
Frage: Wie wichtig sind solche Truppenbesuche für Sie persönlich und für Ihre Arbeit als Militärbischof?
Overbeck: Ich vergleiche das gerne mit dem Pfarrer in seiner Gemeinde. Der sollte ja auch möglichst nah am Alltag seiner Pfarreimitglieder sein. Und das versuche ich auch, so gut es eben geht bei den vielen anderen Aufgaben, bei meinen Besuchen an den Standorten - in Deutschland und zwei bis drei Mal im Jahr auch gerne bei Auslandseinsätzen. Das soll den Soldaten zeigen, dass die Kirche überall für sie da ist. Und mir zeigt es, welche oft beeindruckende Arbeit die Leute leisten. Außerdem öffnen solche Besuche natürlich auch die Augen für die tatsächliche Lage in der Welt.