Christen in Niger zwischen Angst und Aufbruch

Vor einem Jahr brannten die Kirchen

Veröffentlicht am 18.01.2016 um 13:20 Uhr – Lesedauer: 
Nach inoffiziellen Schätzungen sollen in der Megacity Lagos 18 Millionen Menschen leben.
Bild: © KNA
Christenverfolgung

Göttingen ‐ Ein Jahr nach der Zerstörung von mehr als 70 Kirchen bei blutigen Protesten gegen Christen in Niger fordert die Gesellschaft für bedrohte Völker eine konsequentere Strafverfolgung der Täter. Bis heute wurde kein Prozess gegen die Inhaftierten eröffnet.

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Während der Ausschreitungen gegen die Solidaritätskundgebungen für die Opfer des Anschlags auf die französische Satire-Zeitschrift "Charlie Hebdo" wurden Mitte Januar 2015 rund 70 Verdächtige festgenommen. Doch bis heute wurde kein Prozess gegen die Inhaftierten eröffnet. In der Öffentlichkeit wird noch immer darüber gestritten, ob islamistische Extremisten oder die politische Opposition für die Gewalt verantwortlich waren.

Bei den Unruhen waren zehn Menschen getötet und innerhalb weniger Stunden 72 Kirchen, zahlreiche Schulen und andere Einrichtungen sowie Häuser von Pastoren und Geschäfte von Christen niedergebrannt worden. Rund 80 Prozent der christlichen Gotteshäuser des Landes wurden in nur vier Stunden zerstört. Besonders betroffen waren die Hauptstadt Niamey und die Stadt Zinder.

Kein Geld für Aufbau der Kirchen

Ein Jahr nach der Zerstörung sind viele Kirchen noch immer nur behelfsmäßig repariert. Gottesdienste finden oft im Freien statt. Der Wiederaufbau wird Schätzungen zufolge drei Millionen Euro kosten, die die verarmten Gemeinden alleine nicht aufbringen können. Geld des Staates wollen die Bischöfe nicht in Anspruch nehmen, um unter der muslimischen Mehrheitsbevölkerung keinen Neid zu schüren. Bei den Bauarbeiten helfen sowohl Gemeindemitglieder als auch Muslime. Die Gewalt hat Christen in ihrem Glauben enger zusammenstehen lassen. Muslime versichern, dass es keine Probleme zwischen den Religionsgemeinschaften in dem westafrikanischen Land gibt. In zahlreichen Orten wurden Komitees gegründet, um den Dialog zwischen beiden Glaubensgemeinschaften zu fördern.

Augenzeugen hatten berichtet, die meist jugendlichen Gewalttäter seien bei der Auswahl ihrer Angriffsziele nach Listen vorgegangen. Es sei kein spontaner Protest, sondern eine gezielt vorbereitete Kampagne von Islamisten gegen die christliche Minderheit. Nach den jüngsten Terroranschlägen von Burkina Faso und Mali wächst unter den Christen, die in Niger nur zwei Prozent der Bevölkerung stellen, die Angst vor islamistischer Gewalt. (jml)

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