Scheidungsprozess mit Hindernissen
Viel weniger staatliches Geld für die katholische Kirche, Abschaffung des Religionsunterrichts - mit schnellen Schritten schien die Regierung ihre anvisierte weitgehende Trennung von Staat und Kirche zu erreichen. Ein Jahr nach ihrer Unterzeichnung ist die Konvention jedoch noch immer nicht viel mehr als eine Absichtserklärung; das Staat-Kirchen-Verhältnis des einst katholisch dominierten 500.000-Einwohner-Landes ist eine große Baustelle. Bislang sind nur zwei Vorlagen auf dem Instanzenweg; noch kein einziges Gesetz wurde im Parlament verabschiedet. Stark sind die Beharrungskräfte in einem System, das vor allem der katholischen Kirche seit napoleonischer Zeit großzügige Unterstützung gewährte.
Mit der Konvention erfuhr vor allem die kleine muslimische Minderheit in Luxemburg eine Aufwertung. Ihre Schura wurde zur staatlich anerkannten Religionsgemeinschaft erklärt, sie gehört dem neuen nationalen "Rat der konventionierten Religionsgemeinschaften" an.
Das Vertragswerk sieht auf die Dauer von 20 Jahren eine schrittweise Trennung von Staat und Kirchen vor. Doch wie bei den meisten Scheidungsprozessen ziehen sich die Verhandlungen hin, es geht schließlich um viel Geld. Etwa im Bereich der Gehälter: Bislang werden Priester vom Staat als "Kultusdiener" bezahlt, ebenso die Religionslehrer und pastoralen Laienmitarbeiter. Ursprüngliches Ziel der seit 2013 amtierenden Regierung Bettel war es, die staatlichen Zuwendungen für die Kirchen komplett zu streichen, was das Erzbistum in den Ruin getrieben hätte.
Nur noch 7 statt der bislang rund 23 Millionen Euro jährlich
Das konnten die katholischen Verhandlungspartner zwar verhindern. Doch soll das Erzbistum im Rahmen einer öffentlichen Sockelfinanzierung für Religionsgemeinschaften künftig nur noch 7 statt der bislang rund 23 Millionen Euro jährlich erhalten. Die Gehälter von "Kultusdienern" werden künftig nur noch im Rahmen von Bestandsverträgen bezahlt.
Damit hat sich das Erzbistum arrangiert. Heftig gerungen wird hingegen um die Frage, wie die künftigen Besitzverhältnisse von Kirchen, Kapellen und anderen Immobilien aussehen sollen. Sie werden derzeit von rund 300 örtlichen "Kirchenfabriken" verwaltet. Laut dem Abkommen soll der Besitz dieser Kirchenfabriken in einen neuen Fonds übergehen.
Ein jüngst vorgelegter Gesetzentwurf der Regierung sieht zudem vor, dass die Kommunen künftig nicht mehr verpflichtet sein sollen, die Defizite der Kirchenfabriken zu begleichen und den Pfarrern eine Dienstwohnung zu stellen. Dagegen regt sich heftiger Widerstand der gemeinsamen Verwaltung der Kirchenfabriken (Syfel). Syfel klagt gegen die Regierungspläne; die Parlamentsmehrheit aus Liberalen, Sozialisten und Grünen lehnte es wiederum ab, Syfel-Vertreter im Ausschuss auch nur anzuhören.
Unzufriedenheit bei den Religionslehrern
Die oppositionelle Christlich Soziale Volkspartei (CSV) kritisiert, dass die Reform "hinter verschlossenen Türen und ohne Dialog mit den Hauptbetroffenen" erfolge. Aus Sicht des Generalvikars des Erzbistums Luxemburg, Leo Wagener, ist die Kirchenfabriken-Frage der schwierigste Punkt der Verhandlungen. Unzufrieden sind auch die Religionslehrer, deren Berufsstand abgeschafft wird. Sie sollen zwar künftig das neue Unterrichtsfach Ethik unterrichten, doch befürchten sie, dass es nicht genügend Stellen geben wird und die Arbeitsbedingungen sich verschlechtern könnten.
"Vieles ist in der Schwebe, Ausgang ungewiss", sagt Wagener. Das Zeitfenster für die parlamentarische Arbeit wird derweil kleiner; in den kommenden beiden Jahren stehen Wahlen an. Sollten die Christsozialen als langjährige Regierungspartei im Herbst 2018 dann den Ministerpräsidenten stellen, würde das Paket wohl wieder aufgeschnürt. Mit einer kompletten Rückkehr zu den alten kirchlichen Privilegien rechnet jedoch niemand.