"So viel Unrecht!"
Weiter betonte Schick in einer von der Bischofskonferenz veröffentlichten Mitteilung: "Erst dann werden die Flüchtlingszahlen, hinter denen sich furchtbare menschliche Schicksale verbergen, sinken." Der Bamberger Erzbischof war zu Wochenbeginn über den Libanon in das syrische Damaskus gereist und hatte Caritas-Einrichtungen in Jordanien besucht. Dort führte er Gespräche mit syrischen und irakischen Flüchtlingen, ebenso wie mit Prinz Hassan ibn-Talal, der das "Interfaith Institute" in Amman leitet.
Anschließend reiste Schick zu einem vertraulich vorbereiteten Besuch in den Nordirak, um Christen in der autonomen Provinz Kurdistan zu treffen. Nach zahlreichen Gesprächen, unter anderem mit dem Oberhaupt der Chaldäischen Christen, Patriarch Louis Raphael I. Sako, zog er das Fazit: "Ausreisewillige Christen haben oft eine falsche Vorstellung vom Leben bei uns." Die irakischen Bischöfe wollten sie mit guten Argumenten überzeugen, möglichst nicht auszuwandern. Mit Blick auf die schlechte Lage der Christen in Nahost hatte Schick in einem während der Reise geführt Interview betont: "Wir wollen keine christenfreie Zone."
"Hass und Gewalt dürfen nicht das letzte Wort haben"
Der Erzbischof zeigte sich erschüttert über die Lebensumstände in Flüchtlingscamps. In Erbil traf er mit christlichen Flüchtlingen aus dem Großraum Mossul zusammen. Nur wenige Kilometer von ihrer Heimat entfernt, lebten sie entwurzelt und litten unter Erniedrigung und Misshandlung. Schick wörtlich: "So viel Unrecht! Wir brauchen internationale Solidarität, um Recht und Ordnung im Irak wiederherzustellen und diesen Menschen eine Rückkehrmöglichkeit in ihre Heimatorte zu geben."
Unverzichtbar für den Wiederaufbau im Irak, so der Erzbischof, seien Bildung und die Erziehung zum Frieden. "Hass und Gewalt dürfen nicht das letzte Wort haben." Die Kirche leiste hier Pionierarbeit. Schick traf ferner mit jesidischen Flüchtlingen zusammen, die der Mitteilung zufolge in menschenunwürdigen Unterkünften leben. Die Weltgemeinschaft und der irakische Staat schienen diese Gruppe zu vergessen, kritisierte er. Fast alle von ihnen seien schwer traumatisiert und auf Hilfe angewiesen. (KNA)
Erklärung von Erzbischof Schick zu seiner Nahost-Reise:
Zum Abschluss seiner Nahost-Reise zog Erzbischof Schick ein erstes Fazit seiner Eindrücke vor Ort. Katholisch.de dokumentiert die von der Deutschen Bischofskonferenz verbreitete Erklärung im Wortlaut:
"Die Solidarität mit der Kirche im Nahen Osten und die Hilfe für die vielen Menschen, die vor Gewalt und Krieg innerhalb ihrer Länder oder in die Nachbarstaaten geflohen sind, standen im Mittelpunkt dieser Tage. Mir ist deutlich geworden, dass die Verfolgung der Christen und ihre Vertreibung durch den sogenannten 'Islamischen Staat' die seit Jahren zu beobachtende Auswanderungsbewegung nach Europa, Nordamerika und Australien extrem verschärft hat. Viele Christen haben die Hoffnung auf ein würdiges Leben in ihrer Heimat verloren. Sie sehen sich an einem point of no return. Bischöfe und Priester tun jedoch alles, um diese Dynamik, die ein Ende des orientalischen Christentums bedeuten könnte, umzukehren. Dieser Dienst verdient die Unterstützung des weltweiten Christentums. Denn, so habe ich es überall während meiner Reise gesagt: Es darf keine christenfreien Zonen geben, und die universale Kirche bleibt angewiesen auf das Zeugnis lebendiger Gemeinden an den Ursprungsstätten unseres Glaubens. Ein Neuanfang für die Christen im Nahen Osten wird letztlich wohl nur möglich sein, wenn die Herrschaft des sogenannten 'Islamischen Staates' beendet wird und politische Lösungen für die Konflikte in den verschiedenen Ländern gefunden werden. Erst dann werden die Flüchtlingszahlen, hinter denen sich furchtbare menschliche Schicksale verbergen, sinken. Es liegt im Interesse aller, dass der Brand im Nahen Osten nicht auch Europa und andere Teile der Welt versengt."