Eine Zwischenbilanz zum orthodoxen Konzil auf Kreta

Lebhafte Diskussionen und russische Störfeuer

Veröffentlicht am 23.06.2016 um 11:27 Uhr – Von Norbert Zonker (KNA) – Lesedauer: 
Geistliche mit Kerzen in den Händen während des festlichen Ostergottesdienstes in der Christ-Erlöser-Kathedrale am 11. April 2015 in Moskau.
Bild: © KNA
Orthodoxie

Kolymvari ‐ Noch ist der offzielle Informationsfluss spärlich - schließlich tagt das orthodoxe Konzil auf Kreta unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Doch Stimmungen und einige Details dringen nach außen. Eine Zwischenbilanz.

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Von "lebhaften" Diskussionen ist die Rede, für nicht wenige der Bischöfe sei das eine durchaus neue Erfahrung. Und von den Störfeuern der vier abständigen Kirchen, allen voran des Moskauer Patriarchats, das der Versammlung auf Kreta den Status eines "allorthodoxen" Konzils abspricht und es nur als "Treffen" ansieht, lässt man sich nicht beirren.

"Keine Kirche kann isoliert existieren"

Der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., der als Ehrenoberhaupt der Orthodoxie auch den Vorsitz des Konzils innehat, betonte in seiner Predigt am Pfingstsonntag in Heraklion, dass die Versammlung auf Kreta die ganze Orthodoxie repräsentiere. Bei der Eröffnungssitzung in der Orthodoxen Akademie in Kolymvari erklärte er, Synodalität sei das Wesensmerkmal und Fundament der Kirche überhaupt, seit sich in Jerusalem das Apostelkonzil versammelt habe. "Keine Kirche kann isoliert existieren", so der Patriarch weiter. "Differenzen können nur bei einem Konzil gelöst werden. Und dafür sind wir hier."

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Exklusiv-Interview mit Kurienkardinal Kurt Koch, dem Präsidenten des Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen, vor Beginn des Orthodoxen Konzils auf Kreta.

Bartholomaios ist nicht nur in seinem Ehrenamt, sondern auch als engagierter Vorsitzender die zentrale Figur dieses Konzils. Er leitet die Sitzungen konzentriert, wie Teilnehmer berichten, lenkt die Debatte geschickt, fasst zusammen und verhindert wenig zielführende Vorschläge und Anträge. Das vielleicht wichtigste Ergebnis von Kreta könne eine Institutionalisierung dieser "Heiligen und Großen Synode" als oberstes Organ der Orthodoxie werden.

Das würde regelmäßige Sessionen bedeuten, Bartholomaios I. hält einen Turnus von sieben bis zehn Jahren für sinnvoll, andere schlugen noch häufigere Tagungen vor. Dies würde dem Konzil seinen außerordentlichen Status nehmen und es zu einem echten Arbeitsorgan machen. Außerdem böte es den jetzt Ferngebliebenen die Möglichkeit, sich ohne Gesichtsverlust an künftigen Sessionen zu beteiligen. Zudem soll die "Synaxis" (Versammlung) der Kirchenoberhäupter, die sich in den vergangenen Jahren ad hoc zu einer Art Präsidium entwickelt hat, zu einer festen Institution erhoben werden.

Beobachter sehen es als einen Erfolg des Ökumenischen Patriarchen an, dass er die Serben und auch die kleinen Kirchen Polens sowie der "Tschechischen Länder und der Slowakei" zur Teilnahme gewann. Damit konnte er den Vorwurf entkräften, es handele sich nur um ein "Rumpfkonzil der Griechen und Rumänen". Die zunächst zögerlichen Serben hatten schon zu Beginn des Konzils alle Vorbehalte aufgegeben und beteiligen sich engagiert an den Diskussionen.

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Nicht nur in der katholischen Kirche, sondern auch bei den Orthodoxen wird darüber diskutiert: Wie eigenständig kann eine Landeskirche innerhalb ihrer Mutterkirche sein?

Ungeachtet dessen schwebt über allen Beschlüssen des Konzils das Damokles-Schwert der fraglichen Akzeptanz in allen 14 Kirchen. Wenn es dazu käme, dass im Nachhinein jede einzelne orthodoxe Kirche für sich entscheidet, ob sie die Beschlüsse von Kreta akzeptabel findet oder nicht, würde dies nach Einschätzung des katholischen Ostkirchen-Experten Johannes Oeldemann "den ursprünglichen Gedanken eines gesamtorthodoxen Konzils verkehren, das eigentlich die oberste und höchste Instanz der Orthodoxen Kirche sein sollte".

Gerüchte über "Botschaft" des Konzils

In der zweiten Hälfte des Konzils geht es unter anderem um das Verhältnis der Orthodoxie zur übrigen Christenheit, deren Gläubige bisher von lautstarken Kreisen in mehreren Kirchen allesamt als "Häretiker" verurteilt werden. Heiße Diskussionen über die insgesamt ökumenefreundliche, aber doch zurückhaltend formulierte Vorlage sind zu erwarten. Das gilt auch für die geplante "Botschaft" des Konzils, über deren Inhalt zwar Gerüchte zirkulieren, deren Entwurf aber noch nicht veröffentlicht ist. Die Abschlusssitzung, zu der auch die Gäste aus der Ökumene wieder eingeladen sind, ist am Samstagnachmittag, der Schlussgottesdienst am Sonntag in der Sankt-Peter- und Paul-Kirche in Chania.

Von Norbert Zonker (KNA)