Franziskus spricht in Armenien von Völkermord
Wörtlich sagte er bei bei einem Treffen mit Präsident Sersch Sargsjan (siehe Foto) in dessen Palast in der Hauptstadt Eriwan: "Diese Tragödie, dieser Völkermord, eröffnete die traurige Liste der entsetzlichen Katastrophen des vergangenen Jahrhunderts, die von anormalen rassistischen, ideologischen oder religiösen Motivationen ermöglicht wurden, welche den Geist der Menschenkinder so weit verdunkelten, dass sie sich das Ziel setzten, ganze Völker auszurotten."
Franziskus: Nicht in Gräuel zurückfallen
Er hoffe, dass die Menschheit "aus diesen tragischen Erfahrungen die Lehre ziehen kann, verantwortungsvoll und klug zu handeln, um den Gefahren vorzubeugen, in solche Gräuel zurückzufallen", so Franziskus weiter. Es sei traurig, dass die Welt die drei großen Katastrophen des 20. Jahrhunderts nicht geschlossen verhindert habe. Damit spielte er neben den Armeniermorden offenbar auf die Verbrechen des Stalinismus und des Nationalsozialismus an, die er früher schon in diesem Zusammenhang erwähnt hatte.
Im April 2015 hatte Franziskus in einer Gedenkmesse für die Armenier erstmals den Begriff "Völkermord" verwendet und damit heftige türkische Proteste ausgelöst. Damals drohte Staatspräsident Erdogan mit den Worten "Der geehrte Papst wird diese Art von Fehler höchstwahrscheinlich nicht wieder begehen". Er wolle ihn dafür "rügen und warnen". Am Samstag will Franziskus die Gedenkstätte "Völkermord-Mahnmal" besuchen und dort Nachkommen von Opfern der Massaker und Vertreibungen treffen.
Zu Beginn seiner dreitägigen Reise hatte der Papst zu Frieden und Versöhnung in der konfliktreichen Kaukasus-Region aufgerufen. Er forderte das Land auf, "die Spannungen mit einigen Nachbarländern zu überwinden". Den Konflikt um die Region Nagorny Karabach zwischen Armenien und Aserbaidschan nannte er nicht ausdrücklich. Im September wird Franziskus auch Aserbaidschan besuchen.
Soll Franziskus von "Völkermord" reden?
Im Standpunkt erörtert Gudrun Sailer die Schlüsselfrage der Armenien-Reise des Papstes.Bei einem gemeinsamen Gebet mit dem Oberhaupt der armenisch-apostolischen Kirche, Katholikos Karekin II., appellierte Franziskus an den Geist der Ökumene. Die von Spaltungen und Konflikten gezeichnete Welt "erwartet von den Christen ein Zeugnis gegenseitiger Achtung und brüderlicher Zusammenarbeit" und das "geduldige und immer neue Engagement auf die volle Einheit hin".
Franziskus äußert sich zu Brexit
Auf dem Flug hatte sich der Papst auch zur "Brexit"-Entscheidung der Briten geäußert. "Es war der ausdrückliche Wille des Volkes", sagte er mitreisenden Journalisten: "Das erfordert von uns allen eine große Verantwortlichkeit, um das Wohl des britischen Volkes und auch das Wohl und das Zusammenleben des ganzen europäischen Kontinents zu gewährleisten."
Außerdem begrüßte Franziskus den Waffenstillstand zwischen der kolumbianischen Regierung und den marxistischen FARC-Rebellen. Er hoffe nun, dass die Länder, die an den Verhandlungen mitgewirkt hätten, nun auch dafür sorgten, dass es "einen Schritt vorwärts" gehe. (KNA)
Live-Übertragungen bei katholisch.de
In Kooperation mit EWTN überträgt katholisch.de wichtige Programmpunkte der Papstreise nach Armenien live:
Samstag:
- 06.45 Uhr: Besuch des Denkmalkomplexes Zizernakaberd
- 16.50 Uhr: Ökumenisches Treffen und Gebet für den Frieden in Jerewan auf dem Platz der Republik in Jerewan, Rede des Katholikos und Rede des Papstes
Sonntag:
- 08 Uhr: Teilnahme von Papst Franziskus an der Liturgiefeier in der armenisch-apostolischen Kathedrale, Predigt des Katholikos und Grußwort des Papstes
- 15 Uhr: Besuch und Gebet im Kloster von Chor Virap
- 16.15 Uhr: Abschiedszeremonie auf dem Internationalen Flughafen von Jerewan