Designer interpretiert Dominikanerhabit neu
Im 800. Jahr ihres Bestehens setzen sich die niederländischen Dominikaner damit auseinander, wie sie sich heute als Teil der Gesellschaft verstehen. Der heilige Dominicus wollte nicht vom hohen Ross herunter predigen: Zu Fuß, nah bei den Leuten wollte er sein. Diesem Vorbild wollen die Dominikaner auch heute folgen.
Erkennbar sind sie dabei durch ihre Kleidung: Sofort erkennt man die Dominikaner durch ihren weißen Habit mit weißer Kapuze und schwarzem Mantel. Die Tracht sollte die Brüder und Schwestern zwar als Ordensleute erkennbar machen, jedoch angelehnt an die Kleidung der einfachen Schichten: "einfach und schlicht, arm und zugleich schicklich", wie es das Dekret über die zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens des Zweiten Vatikanischen Konzils beschreibt.
Bei einer Planungsrunde für das Ordensjubiläum brachte eine Schwester den Habit ins Gespräch, erzählt Arjan Broers, Pressesprecher der niederländischen Dominikaner. Bei allen Aktivitäten sollte es darum gehen, dass beide Seiten, der Orden wie die säkulare niederländische Gesellschaft, voneinander lernen. Warum also nicht auch über das traditionelle Ordensgewand nachdenken? Über Religion und Kleidung wird auch in den Niederlanden viel diskutiert – meistens, wenn es um muslimische Schleier geht. Die Kleidung ist oft das erste, was Fremde auf der Straße voneinander bemerken. Die Ordensleute stellten sich daher eine Frage: Wie würde Dominicus heute seine Schwestern und Brüder aussenden?
Den Habit wirklich zu verändern stand dabei nicht auf der Tagesordnung. Zu wichtig ist den Ordensleuten ihre Tradition. Stattdessen sollte es um das Gedankenexperiment gehen, wie die dominikanischen Werte heute in Kleidung übersetzt werden können. Über die gemeinsame Werbeagentur kam der Kontakt mit dem Modelabel Byborre zustande. Dort wollten sie zunächst nichts von einer Zusammenarbeit wissen: "Als erstes fragt man sich: Willst du mit einer Glaubensgemeinschaft verbunden werden oder bleibst du neutral", berichtet Byborres Studiodirektor Sjoerd Ebberink von der Entscheidung. Mit der Kirche hätten sie zuvor eher Negatives verbunden.
Zusammenarbeit mit niederländischem Modelabel
Dennoch ließ sich der Designer auf den Orden ein: "Wir sind am Gespräch interessiert, nicht daran, Prediger zu werden oder zu rekrutieren", meint Ebberink. Schließlich fand man eine gemeinsame Basis: Werte wie Liebe und Verständnis, Solidarität statt Egoismus, einfach leben, erkennbar anders, aber nicht völlig anders als der Rest der Gesellschaft sein. Auch die Kontinuität und Tradition des Habits haben die Designer angesprochen. In ihren eigenen Kollektionen legen sie Wert darauf, mit lokalen Materialien zu arbeiten und Entwürfe in Generationen weiterzuentwickeln statt jedes Jahr eine völlig neue Kollektion zu veröffentlichen.
Nun liegt das Ergebnis vor: Die insgesamt zwölf Teile – der originale Habit besteht aus nur fünf Teilen – sind in gedeckten Grau- und Weißtönen gehalten und aus wasserabweisender Funktionsfaser. Die Verwandtschaft zum klassischen Habit erkennt man auf den ersten Blick – wenn man mit der Bildsprache der Ordenstracht vertraut ist. Trotzdem wirkt die mit einem professionellen Modell aufgenommene Fotostrecke sehr zeitgemäß. Sie zeigt funktionale, aber modische Kleidung, mit der man auf den Straßen Amsterdams, Berlins oder Roms eine gute Figur machen würde. Der Gedanke des heiligen Dominicus, in derselben Position wie die Menschen zu sein, denen man das Evangelium predigt, wird so im Design aufgegriffen.
HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.
"Es geht um Kleidung, nicht um Mode", erläutert Ebberink den Ansatz. Ins Design sollte der Alltag der Ordensleute einfließen: Das zeigt sich in praktischen Taschen, die Werkzeuge und Bücher fassen wie in der Kapuze, die mal vor Regen schützt, mal zum Gebet ins Gesicht gezogen werden kann. Das wasserabweisende Material ist speziell für die Niederlande ausgewählt; die Schnitte sind aber so ausgelegt, dass sie auch mit anderen, je nach Region dünneren oder wärmeren Stoffen ausgeführt werden können – so wie bereits jetzt die niederländischen Dominikaner schwere, eher cremeweise Stoffe bevorzugen, während in südlicheren Ländern dünne, reinweiße Stoffe beliebter sind.
Über das Praktische hinaus wird im Habit die besondere Verbindung von Glauben und Leben im Orden deutlich: Er ist einerseits die praktische Alltagskleidung, die zur Arbeit getragen wird, aber auch das Gewand, in dem die Dominikaner beten – und schließlich begraben werden. Im Habit sollen Ordensleute erkennbar sein – ohne, dass er zur Folklore verkommt. Er soll ein Kleidungsstück sein, das das Wirken als Ordensmann unterstützt: "Es kommt nicht darauf an, ob du dick oder dünn bist, schwarz oder weiß – im Habit sieht man dich als Teil eines größeren Ganzen", beschreibt der Studiodirektor die Funktion für die Gemeinschaft.
Habit als Zeichen der Weihe
Ein Gedanke, der auch im Nachdenken der Kirche über das Ordensleben vorkommt: "Immer, aber besonders in der heutigen, oft so säkularisierten Kultur, die aber trotzdem für die Sprache der Zeichen empfänglich ist, muss sich die Kirche bemühen, ihre Anwesenheit im Alltagsleben sichtbar zu machen", schreibt Johannes Paul II. im Apostolischen Schreiben "Vita consecrata" ("Über das geweihte Leben"). Dazu gehöre auch "das Ordensgewand [als] Zeichen der Weihe, der Armut und der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Ordensfamilie" – allerdings nicht als unveränderbare Uniform, sondern als "den Umständen von Zeit und Ort entsprechend angepasstes Gewand".
Ob die Entwürfe irgendwann einmal in Serie produziert werden, steht noch nicht fest. Einen gewissen Bedarf scheint es zu geben: Das Designstudio Byborre hat schon einige Anfragen bekommen, ab wann die Stücke erhältlich seien. Auch Arjan Broers kann sich vorstellen, einzelne Teile der Kollektion im Alltag zu tragen. Er arbeitet seit zehn Jahren als Laientheologe für den Orden und fühlt sich seiner Mission und seiner Spiritualität verbunden. Ebenso wird unter den Mitgliedern der dominikanischen Laiengemeinschaften immer wieder überlegt, wie man die eigene Zugehörigkeit auch mit der Kleidung zeigen könnte.
Bei Byborre weiß man noch nicht, wie es mit den Entwürfen weitergeht. Klar ist: Die Entwürfe werden keine teure Designerkollektion. Ordenskleidung eignet sich nicht als Markenkleidung, sind sich Designer und Orden einig. Vielleicht stellen die Dominikaner in ihren Konventen bald einzelne Stücke her, vielleicht werden die Schnittmuster auch offen, für jeden zum Nachnähen angeboten.
Im Orden selbst kamen die Designs jedenfalls gut an. Den alten Habit werden sie zwar nicht ersetzen – dazu müssten die Konstitutionen geändert werden, und die Dominikaner schätzen dafür ihren Habit zu sehr, erzählt Arjan Broers. Den traditionellen Habit gegen einen neuen auszutauschen sei auch nicht das Ziel des Projekts gewesen. Das eigentlich Ziel der Kooperation habe man erreicht: Über den Habit in der säkularen Moderne nachzudenken.