Eduard Habsburg über den Besuch seiner Familie beim Papst

Die Mission der Habsburger im 21. Jahrhundert

Veröffentlicht am 19.11.2016 um 12:51 Uhr – Lesedauer: 
Gastbeitrag

Vatikanstadt ‐ Vor zwei Wochen empfing Franziskus 300 Habsburger, die sich in Rom zu einem Familientreffen versammelt hatten. Der ungarische Vatikanbotschafter Eduard Habsburg beschreibt, welchen Auftrag ihnen der Papst mitgab.

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Ein Habsburger zu sein, ist gleichzeitig cool und seltsam. Es ist großartig, Teil einer fantastischen Familie zu sein, deren Wurzeln über 1.000 Jahre zurück reichen. Und es ist wirklich nett, fast überall auf der Welt einen Cousin zu haben, bei dem man mal übernachten kann. Aber auf gewisse Weise stehst Du auch unter dauernder Beobachtung. In der Schule drehen sich die Klassenkameraden um und starren Dich an, sobald der Name im Geschichtsunterricht fällt (praktisch in jedem Jahrhundert seit dem 13.). Sie werden mir sicher glauben, wenn ich sage, dass das eine ziemlich eindrucksvolle Erfahrung ist.

Und schließlich ist da ein nagender Gedanke, der irgendwie immer präsent ist: Was bedeutet es heute, ein Habsburger zu sein? Welche Werte sind mit dem Namen heute noch verbunden, wo die Familie doch seit fast 100 Jahren nicht mehr regiert?

Franziskus erinnert an den Wert der Familie

Das war in gewisser Weise auch die Frage, die wir uns in der Familie gestellt hatten, als wir beschlossen haben, das erste weltweite Familientreffen nach über 15 Jahren zu veranstalten. Wir hatten uns entschlossen, zu unseren (katholischen) Wurzeln zurück zu kehren und eine Pilgerreise nach Rom zu machen, um dort zum Ende des Heiligen Jahres den Nachfolger Petri zu treffen. Es war eine großartige Entscheidung.

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Nach monatelanger Vorbereitung überfielen also fast 300 Habsburger Rom für ein intensives Wochenende. Die Wallfahrt hat Familienmitglieder zusammengeführt, die sich noch nie getroffen hatten (außer in einer privaten Facebook-Gruppe, die wir seit zwei Jahren nutzen), aber eines gemeinsam haben: zu dieser großen Familie zu gehören. Wir haben Zeit miteinander verbracht, gemeinsam Pasta gegessen, gebetet und sind durch die Straßen von Rom spaziert.

Bei unserem Treffen mit Papst Franziskus zeigte sich, dass die Werte, die seit Jahrhunderten im Mittelpunkt unserer Familie stehen auch jene sind, die uns in die Zukunft führen werden. Papst Franziskus fasste das in seiner Ansprache für uns zusammen. Dort stand er, umgeben von den Habsburger Kindern, während er gütig zu den "nonne" – den Großmüttern – unter uns sprach.

Der Papst sprach über unseren großen Vorfahren, den seligen Kaiser Karl (dessen Reliquie wir Franziskus als Geschenk mitgebracht hatten). Er bemerkte dabei, dass der selige Karl zu allererst ein Familienmensch war. Franziskus ermutigte uns, der Welt zu helfen, den Wert der Familie in unserer Zeit wiederzuentdecken. Das ist für uns ganz selbstverständlich. Meine Wenigkeit ist beispielsweise mit einer großartigen Frau und sechs Kindern gesegnet – weit entfernt von Kaiserin Maria Theresia mit ihren 16 Kindern, aber immerhin.

Priesterlicher Nachwuchs bei den Habsburgern

Franziskus bat uns auch darum, es dem seligen Karl gleichzutun und Europa als unsere gemeinsame Heimat zu stärken – was viele von uns durch unser Engagement in der Politik oder, wie in meinem Fall, in der Diplomatie tun. Er ermutigte uns zudem, weiter sozial aktiv zu sein, etwa durch den Einsatz für den Frieden im Südsudan, durch die Hilfe für die Armen oder durch die Unterstützung der Ausgegrenzten und Minderheiten. All das sind gute Werke, die Mitglieder unserer Familie schon jetzt tun.

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Der Papst war auch sehr glücklich darüber, dass es priesterliche Berufungen in unserem Clan gibt. Mein Bruder Paul ist der erste Priester in der Familie seit über 200 Jahren und andere sind sozusagen "schon unterwegs".

Vor allem anderen aber bat Franziskus uns darum, Leuchtfeuer des Friedens in dieser sehr schwierigen Zeit zu sein, wie es der selige Karl seit Beginn seiner Regierungszeit im November vor 100 Jahren war. Er war der einzige europäische Monarch, der die Schrecken des Krieges aus erster Hand kannte und der einzige, der den Friedensaufruf von Papst Benedikts XV. erhörte. Dass seine Friedensinitiative am Ende nicht gelang, war nicht seine Schuld. Und so rief uns Papst Franziskus auf, wie der selige Karl für den Frieden einzustehen, "auch auf die Gefahr hin, missverstanden und belächelt zu werden". Wir alle spürten das große Charisma von Papst Franziskus: sein instinktives Verständnis von Menschen, Gruppen und Ländern und ihrer Möglichkeiten in unserer Zeit. Durch den Apparat des Heiligen Stuhls engagiert er sich in Vermittlungs- und Friedensprozessen auf der ganzen Welt.

Und nun hat er uns gezeigt, was es heute heißt, ein Habsburger zu sein. Wir haben entdeckt, dass wir nicht die ganze Welt nach Sinn absuchen müssen, sondern dass sich alles fügen wird, wenn wir unseren katholischen Glauben wirklich leben. In diesem Geist planen wir schon unser nächstes Familientreffen. Schauen wir mal, wohin es uns verschlagen wird.

Hinweis: Dieser Gastbeitrag erschien zuerst im "Catholic Herald". Katholisch.de übernimmt den Text in einer eigenen Übersetzung mit freundlicher Genehmigung.

Von Eduard Habsburg

Der Autor

Der in München geborene Eduard Habsburg-Lothringen ist in fünfter Generation Nachfahre von Kaiser Franz Joseph I. und Kaiserin Elisabeth von Österreich. Seit 2015 ist er Botschafter der Republik Ungarn beim Heiligen Stuhl. Der Philosoph und Drehbuchautor war von 2009 bis 2014 Medienreferent des österreichischen Bischofs Klaus Küng (St. Pölten).