Franziskus: Jede Pfarrei soll eine Familie aufnehmen
Die Gemeinden und Ordensgemeinschaften könnten die Geste gleichsam als Vorbereitung auf das im Dezember beginnende Heilige Jahr der Barmherzigkeit begreifen, so der Papst. "Barmherzigkeit erkennt man an unseren Werken", mahnte er. Als Vorbild nannte er die Selige Mutter Teresa, deren Gedenktag die katholische Kirche gestern feierte.
Christliche Solidarität konkret
Die Botschaft des Evangeliums sei eine Aufforderung an jeden, den geflüchteten Menschen der Nächste zu sein. Eine Familie aufzunehmen, könne diese christliche Solidarität ganz konkret zum Ausdruck bringen. Der Papst zitierte einen Satz aus dem Matthäus-Evangelium. Dort sagt beim Weltgericht Jesus als wiederkehrender Menschensohn zu den Gerechten: "Was ihr einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mit getan".
Am Sonntag äußerten sich auch mehrere deutsche Bischöfe zu der Flüchtlingstragödie. Der Magdeburger Bischof Gerhard Feige forderte Mut und Toleranz gegen "dumpfe Parolen". Die Menschen sollten sich nicht noch mehr im "Wohlstand abschotten", sondern ihre Möglichkeiten nutzen, um wirkungsvoll zu helfen, sagte er bei der jährlichen Bistumswallfahrt zum Kloster Huysburg in Sachsen-Anhalt. Eine Kultur der Mitmenschlichkeit sei gefragt.
Feige: Wer verlässt sein Land aus Jux und Tollerei?
Dabei seien nicht nur Krieg und Terror, sondern auch menschenverachtende Systeme und katastrophale Lebensumstände "berechtigte Gründe", sein Heil anderswo zu suchen, betonte Feige und fügte hinzu: "Wer verlässt sein Land schon aus Jux und Tollerei?".
Als "Ansporn" zum Bekenntnis des eigenen Glaubens bezeichnete der Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt die Zuwanderung aus anderen Kulturkreisen. Im brandenburgischen Neuzelle wandte er sich dagegen, "über fremde Religionen zu klagen" und zugleich die eigenen Überzeugungen zu verbergen. Christen müssten sich "bewusst outen und zu ihrem Glauben stehen".
Ipolt kritisierte zugleich Ermüdungserscheinungen in der Kirche. So hätten manche Christen "panische Angst" davor, in der Schule, dem Sportverein oder dem Arbeitsplatz mit ihrer religiösen Überzeugung aufzufallen. "Das lähmt und hindert, das Evangelium mit Freimut zu leben."
Burger: Ursachen der Flüchtlingswellen bekämpfen
Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger zeigte sich beeindruckt von der Hilfsbereitschaft der Bürger, die Sprachunterricht, Patenschaften oder Begegnungsfeste anböten.
Gleichzeitig warnte er davor, den Blick zu verengen. Die 28 Länder der EU beherbergten derzeit weniger als vier Prozent aller Flüchtlinge und Vertriebenen weltweit. Rund Dreiviertel dieser Menschen schafften es als Binnenvertriebene nicht einmal über die eigene Landesgrenze, schrieb Burger am Freitag in einem Beitrag für das Offenburger Tagblatt.
Europa und die Weltgemeinschaft müssten auch die Ursachen der Migration umfassend angehen. Das Thema gehöre ganz oben auf die Agenda der Weltpolitik. Es werde noch immer zu selten nach den vielschichtigen Gründen gefragt, warum Tausende ihre Heimat verließen. Als Beispiele nannte Burger Kriege, Terror von Despoten oder eben auch die Flucht vor einem Leben in Armut und Elend.
Dies könne auch durch politische Entscheidungen der Industrie- und Schwellenländer hervorgerufen worden sein, etwa durch den Verlust traditioneller Landrechte oder unfaire Handelsabkommen, analysiert der Freiburger Oberhirte. Er ist innnerhalb der Deutschen Bischofskonferenz auch für das Entwicklungshilfswerk Misereor zuständig, das sich für Menschen in Asien, Afrika und Lateinamerika einsetzt.
Marx heißt Flüchtlinge willkommen
Neben Worten gab es an diesem Wochenende aber auch Gesten an die Adresse der ankommenden Flüchtlinge: Am Samstag waren der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx und der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm spontan zum Münchener Hauptbahnhof gekommen um die dort ankommenden Menschen zu begrüßen. (mit Material von KNA und dpa)