Papstbotschaft zu Ehe und Familie mahnt mehr Barmherzigkeit an

Freiburger Handreichung als Vorbild?

Veröffentlicht am 11.04.2016 um 13:00 Uhr – Von Volker Hasenauer (KNA) – Lesedauer: 
Familiensynode

Freiburg ‐ Der Papst deutet in seinem Schreiben zu Ehe und Familie an, dass ein Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedene in Einzelfällen möglich ist. Genau dies ist der Ansatz der viel kritisierten Freiburger Handreichung von 2013.

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Jetzt hat der Papst mit einem am Freitag in Rom veröffentlichten Grundsatzdokument über Ehe und Familie mehr Barmherzigkeit in der kirchlichen Morallehre gefordert. Grundsätzlich hält er an den Normen fest, Priester und Bischöfe dürften aber keine "Felsblöcke" in das Leben der Menschen werfen, fordert Franziskus. Auch wenn er sich zur umstrittenen Frage der Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion nicht direkt äußert, deutet er an, dass ein Kommunionempfang in Einzelfällen möglich ist.

Genau dies ist der Ansatz der Freiburger Handreichung. Vielleicht könnte sie nun zum Vorbild werden. Auch wenn Erzbischof Stephan Burger am Freitag den Papsttext zunächst nur allgemein als gute "Grundlage für eine Weiterentwicklung" der eigenen Seelsorgepraxis bezeichnete.

"Sich dem Scheitern einer Ehe nicht verschließen"

Ähnlich wie der Papst in seinem knapp 200-seitigen Schreiben stellte sich auch die unter Burgers Vorgänger Erzbischof Robert Zollitsch veröffentlichte "Handreichung für die Seelsorge zur Begleitung von Menschen in Trennung, Scheidung und nach ziviler Wiederverheiratung" zunächst der gesellschaftlichen Realität. Zwar hofft die Mehrheit der Paare auf ein lebenslanges Ehebündnis. Gleichzeitig werden aber in Deutschland ein Drittel aller Ehen geschieden. "Kirchliche Seelsorge verschließt sich dem Scheitern einer Ehe nicht. Sie bietet Orte an, die für die Betroffenen offen sind, wo man ihnen zuhört und wo sie begleitet werden", formulieren die Freiburger Leitlinien.

Schockenhoff: Papst bestätigt Freiburger Weg für Wiederverheiratete

Der Freiburger Theologe Eberhard Schockenhoff sieht in "Amoris laetitia" eine eindeutige Bestätigung des Freiburger Zugehens auf wiederverheiratete Geschiedene. "Die Diözese hat allen Grund, sich auf ihrem bisherigen Weg bestätigt zu fühlen und mit Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen weiter zu gehen. Wenn nun weitere Bistümer folgen, umso besser", sagte Schockenhoff am Sonntag. Auch der Vorstoß der drei oberrheinischen Bischöfe aus dem Jahr 1993 erscheine nun in einem ganz anderen Licht. Damals hatte der Vatikan die Bischofsinitiative, wiederverheiratete Geschiedene aufgrund ihrer Gewissensentscheidung zur Kommunion zuzulassen, kategorisch zurückgewiesen. Das neue Dokument von Franziskus wendet sich nun gegen ein kategorisches Sakramentenverbot für Wiederverheiratete. Schockenhoff sieht darin einen Paradigmenwechsel. (KNA)

Die Priester und alle in der Kirche engagierten Seelsorger werden aufgerufen, das Gespräch mit Geschiedenen zu suchen. Dabei soll es, so sehen es die Leitlinien vor, auch die Frage nach Schuld und Verantwortung für das Scheitern der Ehe gestellt werden.

Knifflig wird es bei dem Punkt, dass auch Geschiedene nach einer zweiten standesamtlichen Trauung zur Kommunion und allen anderen Sakramenten zugelassen werden können. Dies ist nach geltender katholischer Lehre nicht möglich, da eine Zweitehe als stetiger Bruch der ersten Ehe angesehen wird. Die Leitlinien lösten diesen Konflikt: Auch Paare, die sich aufgrund einer wohlüberlegten Entscheidung für eine verlässliche Lebensgemeinschaft und damit für eine zweite standesamtliche Trauung entschieden haben, verdienen moralische Anerkennung. Und durch eine intensive seelsorgliche Begleitung könnten solche Paare zu einer "verantworteten, wirklichen Gewissensentscheidung" kommen, wieder die Kommunion zu empfangen.

Aufruf zu ehrlicher Selbstkritik

Die Parallelen zu der jetzt vom Papst geforderten Stärkung des Gewissens und Einzelfallentscheidung scheinen groß zu sein. Denn auch Franziskus ermutigt zu einer "verantwortungsvollen persönlichen und pastoralen Unterscheidung der je spezifischen Fälle". So gebe es etwa Situationen, in denen Menschen von ihrem Partner verlassen wurden, obwohl sie sich um den Erhalt der Ehe bemühten.

Die Wiederverheirateten ruft Franziskus zu ehrlicher Selbstkritik auf. Sie sollten hinterfragen, wie sie sich ihren Kindern gegenüber verhalten, ob es Versöhnungsversuche gab, wie die Lage des verlassenen Partners ist und welche Folgen die neue Beziehung für ihr Umfeld hat. Dann könne das Gespräch mit dem Priester helfen, Wege zu einer "volleren Teilnahme am Leben der Kirche" zu finden.

Von Volker Hasenauer (KNA)