Frontenbildung vor Synode?
Nun gehören Frontenbildungen und Konflikte im Vatikan zu den Lieblingsthemen von italienischen Journalisten - und zu so einer passt auch die Autorenliste: Keine geringeren als der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, und die Kardinäle Raymond Burke, Präfekt der Apostolischen Signatur, also des obersten Gerichtshofs der Kirche, und Carlo Caffarra, der Erzbischof von Bologna, schrieben das Buch. Auch die emeritierten Kardinäle Walter Brandmüller (85), und Velasio de Paolis (78) haben an dem Werk mitgearbeitet.
Das Buch soll am 1. Oktober in Italien und den USA erscheinen. Schon der Titel und die Autoren können eine Richtung erkennbar machen, doch die Zeitung spitzt das noch mehr zu, indem sie wenige Sätze aus dem Vorwort von Herausgeber Robert J. Dodaro, Leiter des Päpstlichen Patristischen Institut Augustinianum, zitiert: "Die Autoren des Bands sind darin einig und beteuern entschlossen: Das Neue Testament zeigt uns Christus, der die Scheidung sowie die Wiederheirat unzweideutig verbietet." Seine Basis sei der "ursprüngliche Plan Gottes" über die Ehe, die von Gott in der Bibel festgeschrieben sei (unter Genesis 1,27 und 2,24).
Gegen "barmherzige Lösung"
Weiter schreibt die Zeitung, dass sich die Kirchenmänner gegen die "barmherzige Lösung" wenden, die der frühere Kurienkardinal Walter Kasper (81) seinen Mitbrüdern beim Konsistorium im Februar vorgeschlagen hatte. Eine solche Haltung sei der Kirche unbekannt, widerspreche der Schrift und sei anfällig für Missbrauch, heißt es in dem Vorwort. Auch den Weg der Orthodoxen Kirche, die nach einer Zeit der Reue eine Wiederheirat erlaubt, lehnen die fünf Kardinäle demnach ab: Die Ostkirche habe seinerzeit nur dem Druck der byzantinischen Herrscher nachgegeben, zitiert der "Corriere della Sera" aus dem Buch.
Papst Franziskus dagegen hatte Kasper ausdrücklich gelobt, der bei einem Kardinalstreffen im Februar zu aktuellen Fragen der Kirche über die wiederverheirateten Geschiedenen sprach. Weitere Kirchenmänner hatten ähnlich reagiert und die Denkanstöße des vom Vatikan nicht veröffentlichten Vortrags in Diskussionen in ihren Heimatländern eingebracht. Vor knapp einer Woche sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, die Mehrheit der deutschen Bischöfe wolle "in eine Richtung gehen, wie sie Kardinal Walter Kasper vorgeschlagen hat".
Unterdessen berichtet das britische katholische Wochenmagazin "The Tablet", dass der australische Kurienkardinal George Pell sich ähnlich positioniert habe wie die fünf Kardinäle. In einem Vorwort zu einem Buch, das ebenfalls nächsten Monat erscheinen solle, habe Pell einen Kommunionempfang für Wiederverheiratete als "unmöglich" bezeichnet. Dies würde die pastorale Praxis mit der Doktrin unverträglich machen, zitiert ihn der "Tablet".
Kasper verwundert über Auseinandersetzung
Kasper selbst äußerte sich am Donnerstag überrascht und verwundert über die Auseinandersetzung unter Kardinälen im Vorfeld der Synode. "Das Ziel dieser Polemik ist im Grunde der Papst", sagte er am Donnerstag der Zeitung "Il Mattino" und warnte vor einem "theologischen Krieg" um Geschiedene. Zum Umgang mit Wiederverheirateten sagte er der Zeitung "La Stampa", Gott lasse in seiner Barmherzigkeit niemanden fallen, sondern gebe jedem eine neue Chance. Daher müsse die Kirche diesen Menschen "nahe sein, ihnen helfen, raten und sie ermutigen". Bei seinem damaligen Vortrag habe er keine fertigen Lösungen vorgelegt; "ich habe Fragen gestellt", betonte Kasper. Er habe zugleich deutlich gemacht, dass die Eucharistie ein Heilssakrament sei, auch wenn das heute von einigen Theologen anders gesehen werde.
Die fünf Kardinäle wollten eine Art Zeichen setzen mit ihrem Buch, dessen Veröffentlichungsdatum wohl nicht zufällig ist, sagte ein Vatikanmitarbeiter katholisch.de. Aber über inhaltliche Details sei bisher nichts bekannt. Inwieweit die Diskussion Einfluss auf die Synode haben wird, bleibt abzuwarten. Fakt ist aber, dass das Thema "wiederverheiratete Geschiedene" nur eines von Vielen sein wird. Auch die Position von Papst Franziskus ist nicht so eindeutig auszumachen, wie es einige Medien gerne hätten. Denn wäre sie bei diesen komplexen Themen so klar, dann bräuchte es keine Synode. (mit Material von KNA und dpa)