Fünf Tage, 67 Bischöfe, ein Papst
Eigentlich sollen die Besuche etwa alle fünf Jahre stattfinden. Doch dann kamen ein historischer Papstrücktritt und Franziskus' voller Terminplan dazwischen. Manches ist in den neun Jahren passiert, was die Kirche in die Schlagzeilen brachte: 2010 der Missbrauchsskandal, eine der tiefsten Erschütterungen ihrer Nachkriegsgeschichte, aus der ein mehrjähriger innerkirchlicher Dialogprozess resultierte; die Empörung über einen luxuriösen Bischofssitz und die Debatte um den Reichtum der deutschen Kirche.
Inzwischen profiliert sich die deutsche Kirche in der Flüchtlingsfrage wieder stärker als moralische Instanz. Sie ist wichtigster nichtstaatlicher Arbeitgeber, unterhält hunderte Gesundheits- und Bildungseinrichtungen, zählt noch rund ein Drittel der Bevölkerung zu ihren Mitgliedern und ist damit nach wie vor eine der größeren und international relevanten Ortskirchen.
Papst: Kirche ist kein geschlossenes System
Eine Kirche, die aber vor großen Herausforderungen wie Überalterung und Kirchenaustritten steht. Eine "Erosion des katholischen Glaubens in Deutschland", beklagte Franziskus bei der Abschlussaudienz. Fehlende Kirchenbesucher, Niedergang des sakramentalen Lebens, Priestermangel zehrten das einst blühende katholische Deutschland aus.
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Kurz vor der abschließenden Audienz: Dieses Video postete der Münchener Weihbischof Wolfgang Bischof auf seiner Facebook-Seite.
Da helfe keine Resignation und kein Rückgriff auf das "Strandgut der guten alten Zeit", sondern nur Besinnung auf die eigenen Fähigkeiten und der missionarische Gang in die Gesellschaft. "Wir müssen bei den Menschen sein mit der Glut derer, die als erste das Evangelium in sich aufgenommen haben." Neue Wege, kreative Methoden, eine pastorale Neuausrichtung seien jetzt gefragt.
Als er betonte, die Kirche sei kein geschlossenes System, das ständig die gleichen Fragen wälze, dürften sich gerade deutsche Bischöfe bestätigt gefühlt haben, die von Kollegen in der Weltkirche inzwischen als wichtige Schrittmacher der Kirchenreform gesehen werden.
Manches in Franziskus' Ansprache erinnerte an die Freiburger Rede seines Vorgängers Benedikt XVI., der 2011 vor allzuviel Organisation und Apparat in der Kirche und zu wenig lebendigem Glauben warnte. Ähnlich Franziskus: "Es werden immer neue Strukturen geschaffen, für die eigentlich die Gläubigen fehlen." Institutionalisierung und "übertriebene Zentralisierung" raubten der Kirche ihre missionarische Dynamik. Doch wusste der Papst seine Hirten auch zu loben: Ihr Einsatz bei der Hilfe für Flüchtlinge sei enorm, so Franziskus gleich am Anfang.
Für etliche Bischöfe war es der erste Ad-limina-Besuch und damit Einblick in eine Kirchenspitze, deren Stil in der Vergangenheit oft als intransparent und autoritär gerügt wurde. Franziskus will das ändern und arbeitet weiter an seiner Kurienreform. Und er will die Kollegialität zwischen römischer Zentrale und den Bischöfen in der Welt stärken.
Marx: Vielfalt von Themen, Fragen und Herausforderungen bearbeitet
Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz, dankte Franziskus im Namen seiner Mitbrüder für das Bemühen um größere Dezentralisierung. Mit dem Arbeitsbesuch zeigte er sich zufrieden. Er wünsche sich ja gerade einen Papst, der kritisch Defizite benennt. Franziskus lud er nach Deutschland ein.
Sie hätten mit ihm und den Kurienbehörden eine Vielfalt von Themen, Fragen, Herausforderungen und auch von Problemen der Kirche behandelt. Bei den Besuchen in den Kurienbehörden, etwa der Bildungskongregation, dem Caritas-Rat oder dem Päpstlichen Einheitsrat, seien eine Fülle von Fragen "ernsthaft und sachlich" erörtert worden. So ging es um die Entwicklungen der Gemeinden, um das kirchliche Leben, um die sozial-karitative Arbeit etwa für Flüchtlinge, aber auch um Theologie und theologische Fakultäten, um die Priesterberufungen, um Ökumene und das Verhältnis zum Islam. Wenn die Kirche stärker missionarisch sein wolle, so auch Marx, dann müsse sie sich weiterentwickeln.