Kirche nimmt Jugendliche in den Blick
Die katholische Kirche will sich für eine stärkere Mitgestaltung von Jugendlichen in der eigenen Organisation und in der Gesellschaft einsetzen. Das geht aus einem Vorbereitungsdokument für die nächste Bischofssynode hervor, das am Freitag im Vatikan veröffentlicht wurde. Demnach sollen Jugendliche als Protagonisten ernst genommen werden und Raum für neue Ideen erhalten. Von der Kirche werde verlangt, vorgefertigte Schemata in der Begleitung Jugendlicher aufzugeben. Für Oktober 2018 hat Papst Franziskus eine Weltbischofssynode einberufen, die sich mit dem Thema Jugend befassen soll.
"Wenn wir wollen, dass in der Gesellschaft oder in der Gemeinschaft der Christen etwas Neues geschieht, müssen wir Raum schaffen, damit neue Menschen handeln können", heißt es in dem 22-seitigen Dokument, das vom Generalsekretär der Bischofssynode, Kardinal Lorenzo Baldisseri, vorgestellt wurde. Für einen "Wandel nach den Prinzipien der Nachhaltigkeit" müsse man den neuen Generationen zugestehen, "ein neues Modell der Entwicklung auszuprobieren". Dies sei vor allem in Ländern schwierig, in denen das Alter der Verantwortungsträger hoch und der Generationswechsel verlangsamt sei.
Von den Jugendlichen lernen
Gerade Jugendliche, die "häufig in ein Stereotyp der Passivität und der Unerfahrenheit eingesperrt" würden, praktizierten Alternativen, "die zeigen, wie die Welt oder die Kirche sein könnten", heißt es in dem Text. Auch eine christliche Gemeinschaft werde für junge Menschen attraktiver, "wenn sie erleben, dass der konkrete und originelle Beitrag, den sie leisten, angenommen wird". Die Kirche sei "aufgerufen, von den Jugendlichen zu lernen". Umgekehrt hätten ausnahmslos alle Jugendlichen "das Recht, auf ihrem Weg begleitet zu werden". Als Zielgruppe versteht der Vatikan 16- bis 29-Jährige.
Das Vorbereitungsschreiben wird an Bischofskonferenzen, kirchliche Institutionen und Ordensgemeinschaften weltweit verschickt, die bis Oktober auf einen angehängten Fragekatalog zur Situation der Jugendseelsorge antworten sollen. Auf Grundlage der Reaktionen wird dann das eigentliche Arbeitspapier der Synode erstellt. Jugendliche sind aufgerufen, sich im Internet direkt an der Umfrage zu beteiligen. Die Seite www.sinodogiovani2018.va soll laut Baldisseri am 1. März freigeschaltet werden.
Die deutschen Bischöfe sprachen von einem Perspektivwechsel. «Das Dokument geht vielfach von den Jugendlichen selbst aus und beschreibt eine Kirche, die sie auf ihrem Entscheidungs- und Unterscheidungsweg zur Fülle des Lebens begleitet», erklärten der Vorsitzende der Kommission für Geistliche Berufe, Bischof Felix Genn (Münster), und der Vorsitzende der Jugendkommission, Bischof Stefan Oster (Passau).
Der Vorsitzende des Bundes der deutschen katholischen Jugend (BDKJ) Wolfgang Ehrenlechner erklärte, Papst Franziskus habe ein offenes Ohr für die Anliegen junger Menschen und ermutige sie, sich kritisch zu beteiligen: "Wir freuen uns sehr, dass der Vatikan hier neue Wege geht und eine einfache und unmittelbare Beteiligung ermöglicht." Die Jugend erwarte aber, dass die Ergebnisse von der Synode beachtet würden. Der Jugendverband würdigt auch, dass der Fragebogen regional differenziere. "Damit berücksichtigt der Vatikan die unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten der Jugendlichen weltweit", freut sich Ehrenlechner. (KNA/fxn)
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Mit Blick auf die für 2018 geplante Bischofssynode zum Thema Jugend hat Papst Franziskus am Freitag einen Brief an die Jugendlichen geschrieben. Katholisch.de dokumentiert das Schreiben im Wortlaut.Erklärung der Bischöfe zum Vorbereitungsdokument:
Nach der Veröffentlichtung des Vorbereitungsdokumentes zur Bischofssynode 2018 haben sich am Freitag der Vorsitzende der Kommission für Geistliche Berufe und kirchliche Dienste der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Felix Genn (Münster), und der Vorsitzende der Jugendkommission, Bischof Stefan Oster (Passau) zu Wort gemeldet. Katholisch.de dokumentiert die Erklärung der beiden Bischöfe im Wortlaut:
"Dies habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird" (Joh 15,11): Das ist der Plan Gottes für die Frauen und Männer jeden Zeitalters und daher auch für alle Jugendlichen des dritten Jahrtausends - ohne Ausnahme. So heißt es in der Einleitung zum Dokument, das der Synode "Die Jugendlichen, der Glaube und die Berufungsentscheidung" vorangeht. Damit wird der synodale Weg eröffnet, die Freude der Liebe Jesu Christi als Plan für die Jugend im dritten Jahrtausend zu entdecken. Das Dokument geht vielfach von den Jugendlichen selbst aus und beschreibt eine Kirche, die sie auf ihrem Entscheidungs- und Unterscheidungsweg zur Fülle des Lebens begleitet. Mit großer Freude wollen wir uns diesem Weg in der Berufungs- und Jugendpastoral in Deutschland anschließen. Der besondere Blick dieser Synode geht nicht nur auf die Jugend in der Welt von heute, sondern er kommt von den Jugendlichen her. Die Kirche soll durch diesen Blick „die Stimme des Herrn vernehmen, der auch heute noch spricht. Wie früher Samuel und Jeremia, so gibt es auch heute Jugendliche, die in der Lage sind, die Zeichen der Zeit zu erkennen, die der Geist uns schenkt".
Das Dokument beginnt im ersten Teil mit einer knappen Beschreibung der „Jugendlichen in der Welt von heute“. Die Schnelligkeit der Prozesse und des Wandels, die Globalisierung, die von der Technik beherrschte Kultur und die Multireligiosität werden als Herausforderungen der Gegenwart benannt. Junge Menschen sind vielfach kritisch gegenüber Institutionen, dennoch sehnen sie sich nach festen Bezugspersonen und sind bereit, Verantwortung in Kirche und Gesellschaft zu übernehmen.
Der zweite Teil befasst sich mit dem Prozess der Berufungsfindung junger Menschen. Die Quelle für eine Entscheidung stellt dabei der Dialog mit Gott dar. Dem eigenen Gewissen kommt eine besondere Bedeutung zu. Zur Unterscheidung schlägt das Dokument den Dreischritt Erkennen, Interpretieren und Wählen vor. Die Kirche hat den Auftrag, auf diesem Weg die Jugendlichen mit Gott und zu Gott zu begleiten und an dieser Freude mitzuarbeiten. Erkennbar ist, dass Papst Franziskus diesen Weg der Kirche, wie schon in den Dokumenten Amoris laetitia und Evangelii gaudium, als einen Weg beschreibt, der froh macht und Freude schenken soll.
Der letzte große Abschnitt blickt auf die konkrete Pastoral vor Ort. Zunächst ist es dabei Aufgabe der Kirche, in mutiger Kreativität zu jungen Menschen hinauszugehen, sie zu sehen und sie zu rufen, sodass junge Menschen der Freude des Evangeliums begegnen können. Durch glaubwürdige Bezugspersonen und einladende Räume kann die Kirche Jugendlichen helfen, in der Entscheidungs- und Unterscheidungsfähigkeit im Licht des Evangeliums zu wachsen.
Den Abschluss des Dokumentes bildet ein Fragebogen zur Situation der Jugendpastoral in den einzelnen Ländern. Die große Überraschung aber erwartet einen direkt zu Beginn: Erstmals in der über 50-jährigen Geschichte der Bischofssynode wird sich der Vatikan mit einer Online-Umfrage direkt an junge Menschen wenden.
"Wir rufen - gerade die junge Generation - in unserem Land auf, sich daran zu beteiligen. Papst Franziskus wendet Euch sein Ohr zu. Nutzt diese Chance! Erhebt Eure prophetische Stimme und bringt Euch in die Kirche ein! Erfahrt die Freude, die Christus jedem Menschen im Evangelium schenkt!"
Wir hoffen sehr, dass wir auch für die westliche Kirche neue Wege finden und nicht einfach in plakativen Antworten und Forderungen stecken bleiben. Die Synode soll ein gemeinsamer Weg sein, die Freude der verschiedenen Berufungen und die Freude des Glaubens zu entdecken.