Parolin für Zölibatsdiskussion
Der Erzbischof sagte mit Blick auf den Zölibat, man könne über solche Themen reden und "über einige Änderungen nachdenken". Dies müsse aber "im Dienst der Einheit und gemäß dem Willen Gottes" geschehen. Die priesterliche Ehelosigkeit sei eine Tradition, die in die ersten Jahrhunderte der Kirche zurückreiche. Man könne "nicht einfach sagen, dass sie überholt sei", sagte der aus Italien stammende, 58 Jahre alte Kirchendiplomat.
Parolin tritt am 15. Oktober das Amt des Kardinalstaatssekretärs an. Den zweithöchsten Posten in der katholischen Kirche hat derzeit noch Kardinal Tarcisio Bertone inne. Seit 2009 war Parolin Botschafter des Papstes in Venezuela. Künftig ist er als ranghöchster Mitarbeiter von Papst Franziskus für die Koordination der Kurie, also der kirchlichen Behörden im Vatikan, sowie für die vatikanische Diplomatie zuständig.
Zölibatsdebatte immer wieder gefordert
Immer wieder weisen einzelne ranghohe katholische Geistliche darauf hin, dass die Ehelosigkeit von Priestern kein unumstößlicher Lehrsatz ist. Für Wirbel sorgte etwa Erzbischof Robert Zollitsch, als er 2008 kurz nach seiner Wahl zum Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz dem "Spiegel" sagte, die Verbindung zwischen Priestertum und Zölibat sei "nicht theologisch notwendig". Zugleich sprach er sich "gegen Denkverbote" aus. Ähnlich äußerten sich bei verschiedenen Anlässen auch der Münchner Weihbischof Bernhard Haßlberger und der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke.
Ebenfalls im "Spiegel" sagte der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick im Jahr 2010: "Ich meine, Bischöfe, Ordensleute und Domkapitulare müssen es leben. Ob jeder Pfarrer das Zölibat leben muss, ist eine andere Frage." Kurz darauf erklärte der Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen, der Zölibat gehöre von der kirchlichen Lehre her nicht zum Wesenskern des Priestertums. Eine Diskussion über die Zulassung bewährter verheirateter Männer ("viri probati") zum Priesteramt sei notwendig, damit auch in Zukunft die Eucharistiefeier als Mitte und Lebensquell in den Kirchengemeinden gefeiert werden könne.
Es gibt auch Gegenstimmen
Der Trierer Bischof Stephan Ackermann hielt dagegen: Er glaube nicht, "dass mehr Menschen in die Kirche kommen, weil ein verheirateter Pfarrer die Messe hält", sagte er 2011 der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Der Essener Oberhirte Franz-Josef Overbeck sprach sich 2011 im Deutschlandfunk deutlich für den Zölibat und gegen das Frauenpriestertum aus. Diese Fragen seien "lehramtlich von einer solchen Gewichtigkeit und auch entsprechend entschieden worden", dass man sie als Kirche nicht zur Disposition stellen könne. Kardinal Joachim Meisner beklagte sich 2011 über die Kritiker des Zölibats: Sie erlebten die Ehelosigkeit als Bedrohung, weil sie zeige, dass Gott "detailliert in die Lebensplanung eingreifen kann", sagte der Erzbischof von Köln.
Für ein "Zurückholen" von inzwischen verheirateten Priestern sprach sich gegenüber katholisch.de vor Kurzem der brasilianische Befreiungstheologe Leonardo Boff aus. "Eine Hilfe wäre, das Gesetz des Zölibats – nicht den Zölibat an sich – abzuschaffen und die hunderttausend verheirateten Priester wieder einzuladen," sagte er Anfang September. (luk/KNA)