Was ist jetzt wichtig?
"Gewiss: Die Synode ist zunächst ein Beratungsorgan für den Papst", schreibt Erzbischof Heiner Koch im Vorwort der Arbeitshilfe zum Familiensonntag. Deshalb sei es jetzt auch an Franziskus, Schlussfolgerungen zu ziehen und zu entscheiden, welche Impulse er in die gesamte Kirche aussenden möchte. Ein päpstliches Abschlussdokument erwartet Koch, der selbst an der Synode teilgenommen hat, noch in diesem Frühjahr.
Doch auch schon vor dem Erscheinen dieses Schreibens gebe es viele Themen und Aspekte der Synode, "die sehr bedenkenswert für unsere kirchliche Praxis sind", so der Berliner Oberhirte. Koch, der deutsche "Familienbischof", will die Eheleute und Familien wieder neu in den Fokus der Seelsorge rücken. Man müsse sich – inspiriert von den Synodenvätern – fragen, wie junge Menschen von der Botschaft des Sakraments der Ehe zu begeistern seien oder wie christliche Familien ein gutes und tragendes geistliches Leben entfalten könnten, schreibt er.
Wie einladend sind die Pfarreien?
Der diesjährige Familiensonntag soll ein Anfang sein: Er rückt einerseits die Synode noch einmal in den Fokus und erinnert andererseits daran, dass das Thema Ehe und Familie das ganze Jahr über ein Schwerpunkt in der Pastoral vor Ort sein muss. Die zugehörige Arbeitshilfe unterstützt beide Anliegen. Sie fasst die Ergebnisse des Bischofstreffens zusammen und liefert kleine Impulse für die Praxis, die aber keine "Patentrezepte" sein sollen, wie es heißt. Es geht vielmehr um Selbstreflexion und eine kritische Auswertung dessen, was bereits vor Ort in den Gemeinden geschieht: Welche Angebote gibt es überhaupt? Wie einladend sind die Pfarreien? Wie läuft die Ehevorbereitung und -begleitung? Und wie die Familienberatung oder die Kommunionkatechese?
Linktipp: Die Internetseite zum Familiensonntag
"Was jetzt wichtig ist – Perspektiven nach der Familiensynode" – unter diesem Thema begeht die katholische Kirche in Deutschland am 17. Januar 2016 den Familiensonntag. Die Deutsche Bischofskonferenz bietet in der Arbeitshilfe Nr. 280 auf einer Internetseite Anregungen zur Gestaltung des Familiensonntags an."Ich glaube schon, dass die Familiensynode schon jetzt einen Einfluss auf die Seelsorge vor Ort hat", sagt Ulrich Hoffmann auf das Motto des Familiensonntags angesprochen. Er ist Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für katholische Familienbildung (AKF), die auf Initiative der Deutschen Bischofskonferenz gegründet wurde. Er ist aber auch Referent für Ehe- und Familienseelsorge im Bistum Augsburg und damit zugleich an der Basis tätig. "Die Einladung, über die Synode zu sprechen und daraus Konsequenzen für die tägliche Arbeit zu ziehen, wird gerne angenommen", sagt Hoffmann. "Und zwar auf verschiedenen Ebenen." In Gremien und Sachausschüssen, aber auch in den Gemeinden und Verbänden werde über die Auswirkungen auf die Familienpastoral diskutiert.
Problematische Formulierungen
Auf die Frage, welche Konsequenzen er ganz persönlich aus der Synode zieht, hat Hoffmann eine klare Antwort: Er will die Situationen der einzelnen Familien noch genauer in den Blick nehmen und sie "nicht über einen Kamm scheren". Neben diesem inhaltlichen Aspekt sei ihm durch die Synode noch einmal bewusst geworden, wie sehr es in der Kirche an der richtigen Sprache krankt. "Die Formulierung 'irreguläres Verhältnis' für ein Paar, das unverheiratet zusammen lebt, ist heutzutage einfach problematisch."
Stattdessen will der Familienseelsorger schauen, welche positiven Aspekte es in den Beziehungen gibt, mit denen er konfrontiert wird. "Wenn Unverheiratete ihr Kind in einen katholischen Kindergarten schicken wollen, dann ist das erst einmal ein gutes Signal", sagt er. Natürlich könne man irgendwann auch für das Sakrament der Ehe werben. Aber zu mahnen, dass ihre Art des Zusammenlebens "nicht in Ordnung" sei, ist für Hoffmann der falsche Weg. "Es kommt auf die Beziehungsqualität an. Die äußere Form ist nachrangig."
Wenn sich Paare dann doch dazu entscheiden, den Bund der Ehe einzugehen, wartet die nächste Herausforderung auf die Kirche: die Ehevorbereitung. Der Passauer Bischof Stefan Oster sieht in der Ehepastoral viel Nachholbedarf. Eine halbe Stunde gemeinsam mit dem Priester ein Protokoll auszufüllen sei häufig alles, was getan werde, erklärte er bereits vor der Synode mit Blick auf das verpflichtende Ehevorbereitungsgespräch.
Seit 40 Jahren Familiensonntage
Ganz so dramatisch sieht Hoffmann die Situation nicht. Doch auch er gibt zu, dass es noch einiges zu verbessern gebe. Schon in der Jugendarbeit könne man beispielsweise viel stärker auf das Verständnis des Ehesakraments eingehen. "Entfernte Ehevorbereitung", nennt der Seelsorger das. Ob sich damit allerdings Scheidung und neue Partnerschaft und damit das große "deutsche" Problem des Kommunionempfangs für Wiederverheiratete minimieren ließe, bezweifelt Hoffmann. Seit 25 Jahren sei er in der Ehevorbereitung und die Paare gingen stets mit dem Willen in die Ehe, für immer zusammen zu bleiben.
Der Familiensonntag soll speziell nach der Synode noch einmal an all diese aktuellen Herausforderungen erinnern. Neu ist dieser Tag allerdings nicht: Bereits seit 1976 wird er jährlich bundesweit in allen Diözesen begangen und findet am zweiten Sonntag im Jahreskreis, eine Woche nach der "Taufe des Herrn", statt. Mit dem Familiensonntag 2016 endet das dreijährige Leitthema "Liebe miteinander leben". Die beiden Vorjahre standen unter den Mottos " Drahtseilakt Ehe" (2014) und "Knotenpunkt Familie" (2015).