Pastorales Erdbeben?
Freilich überrascht die "Relatio post disceptationem", der Bericht zum Abschluss der Generaldebatte, mit manchen Formulierungen und Empfehlungen - etwa wenn von einer "positiven Realität von Zivilehen" die Rede ist, auch wenn sie nicht dem christlichen Ideal entsprächen.
Gefordert wird eine neue Sensibilität in der Pastoral, eine "Dringlichkeit neuer pastoraler Wege". Die Kirche müsse den Problemen, dem Scheitern und der Brüchigkeit von Ehe und Familien Rechnung tragen. Es sei "nicht klug, nur an jeweils einzige Lösungen zu denken, oder sich von einer Logik des 'Alles oder Nichts' inspirieren zu lassen", heißt es in dem Text.
Das in 58 Kapitel unterteilte Dokument spricht offen die vielfältigen Formen des menschlichen Lebens an, mit der die Kirche sich heute befassen müsse: Ehen ohne Trauschein, Zusammenleben auf Probe, mit Alleinerziehenden, Geschiedenen und Witwen, mit Familien die durch Armut, Krieg oder Migration belastet sind. Etliche Synodale hätten zudem für eine Vereinfachung und Beschleunigung von Eheannullierungen in Verantwortung der einzelnen Ortsbischöfe plädiert.
Eventuelle Zulassung zu den Sakramenten müsse Weg der Buße vorausgehen
Drei Absätze sind dem im Vorfeld breit diskutierten Thema der wiederverheirateten Geschiedenen gewidmet. Kardinal Peter Erdö, Berichterstatter der Synode, nennt die beiden in der Versammlung aufscheinenden Linien: Die einen wollen am bisherigen Kurs festhalten, der aus Lehrgründen einen Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedene ablehnt, andere treten für mehr Offenheit ein. Dabei könne es freilich nur um Einzelfallregelungen gehen, etwa um neues Unrecht und Leid zu vermeiden, wenn aus der zweiten Ehe neue Verpflichtungen entstanden sind. Einer eventuellen Zulassung zu den Sakramenten müsse auf jeden Fall ein Weg der Buße vorausgehen.
Auch zur Haltung gegenüber Homosexuellen - hierzu finden sich ebenfalls drei Absätze - enthält der Bericht überraschende Formulierungen. Es gebe bei homosexuellen Gemeinschaften "Fälle, in denen die gegenseitige Hilfe bis hin zum Opfer einen wertvollen Beitrag für das Leben der Partner darstellt". Zwar bekräftigt das Papier die katholische Position, dass solche Verbindungen nicht der Ehe von Mann und Frau gleichgestellt werden können. Die Kirche müsse sich aber dieser Menschen annehmen - freilich ohne von ihrer Lehre zu Ehe und Familie abzurücken.
Der Zwischenbericht spiegelt die Offenheit wieder, die der Synode in den vergangenen Tagen immer wieder bescheinigt wurde. Es herrsche eine Atmosphäre, die an das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) erinnere, meinte Kardinal Luis Tagle von Manila. In der Tat markiert das Papier etliche Eckpunkte, hinter die die kirchliche Diskussion künftig kaum zurückkann.
Lob und Kritik in der anschließenden Aussprache
In der anschließenden Aussprache gab es aber nicht nur Lob, sondern auch deutliche Kritik zu unterschiedlichsten Aspekten. Details wurde bei der Pressekonferenz am Montag nicht genannt, außer dass rund ein Drittel der Redner Einwände vorgetragen habe. Dabei ging es dem Vernehmen nach um angeblich zu weitreichende Äußerungen zu Homosexualität. Hier meldeten vor allem Bischöfe aus Afrika Kritik an. Überhaupt störte manchen die Analogie zum "Gesetz der Gradualität", wonach auch in Partnerschaftsformen, die der katholischen Lehre zuwiderlaufen, familiäre Werte und die Suche nach Wahrheit gelebt werden können. Aber auch zur Frage der wiederverheirateten Geschiedenen seien Bedenken laut geworden.
Die Synodenteilnehmer haben nun vier Tage Zeit, in kleinen Sprachgruppen zu beraten. Am Samstag bestimmen sie über das Schlussdokument. Das ist zugleich die Diskussionsgrundlage für die Familiensynode im Herbst 2015.