Die Frau an Martin Luthers Seite: Katharina von Bora
"Männer und Frauen sind gleich viel wert" - schon Jahrhunderte bevor Frauenrechtlerin Alice Schwarzer um Gleichberechtigung warb, tat das ein Mann. Reformator Martin Luther ließ diese These vor 500 Jahren durch seine Schriften im ganzen Land verbreiten. Seine Ehefrau, die "Lutherin" Katharina von Bora (1499-1552), selbstbewusste Tochter eines sächsischen Landadeligen, nahm ihn beim Wort. Sie unterstützte ihn nach Kräften und entwickelte sich zur eigenständigen Unternehmerin mit vielfältigen Aufgaben. Sie gilt bis heute als eine der prominentesten Frauen des 16. Jahrhunderts.
Wenig bekannt ist, dass die Verbindung zwischen Katharina und Martin Luther zu den innigsten und bewegendsten Liebesgeschichten ihrer Zeit gehörte. Sie wollten "das ganze Leben" und vertrauensvoll annehmen, was ihnen beschieden sei. Sie war ihm "Doktorin, Predigerin, Gärtnerin und vieles mehr", wie Luther in einem Brief schrieb. Die ARD strahlt den Spielfilm "Katharina Luther" von Christian Schnalke (Buch) und Julia von Heinz (Regie) am kommenden Mittwoch (22. Februar) ab 20.15 Uhr aus.
Spürbare Geschichte der Katharina Luther
Er treffe Katharina von Bora und Martin Luther "unheimlich gut" und lasse "den Atem der Biografie" spürbar werden, lobte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, bei der Vorab-Premiere des von den kirchlichen Produktionsgesellschaften Eikon und Tellux mitproduzierten Films.
Katharina (Karoline Schuch) wird von ihrem Vater als Kind in ein Kloster gegeben. Sie entwickelt sich zu einer tiefgläubigen Frau, lernt lesen, schreiben, singen und die Führung eines landwirtschaftlichen Anwesens. Als Zwanzigjährige kommt sie in Kontakt mit Luthers Schriften und beschließt aufgewühlt, ihm zu schreiben. Seine Antwort macht ihr Mut, gemeinsam mit Mitschwestern verlässt sie heimlich das Kloster.
In Wittenberg werden die entflohenen Nonnen teils mit Spott, teils mit Respekt empfangen. Sie kommen in den Häusern der Anhänger Luthers unter und sollen baldmöglichst verheiratet werden. Dort begegnet Katharina auch Luther (Devid Striesow) persönlich und heiratet 1525 den 16 Jahre älteren Reformator. Als Ehefrau und Mutter der sechs gemeinsamen Kinder versorgte sie das Anwesen und die Ländereien mit bis zu 40 Angestellten und war eine gleichberechtigte Gesprächspartnerin. Durch den Tod der zwölfjährigen Tochter Magdalena gerieten die Eheleute in eine tiefe Krise. Alte Ängste und Zweifel holten sie wieder ein, bis Katharina neuen Lebensmut gewann.
"Du bist Gottes Hilfe"
In einer der anrührendsten Szenen zeigt sie ihrem Mann seinen ersten an sie gerichteten Brief: "Wir wollten das ganze Leben und waren stark genug, danach zu greifen, jetzt sind wir auch stark genug, es zu halten." Kurz vor seinem Tod 1546 notierte Luther, Katharina sei ihm von Gott gesandt worden: "Andere bitten um Gottes Hilfe, du aber bist Gottes Hilfe", schrieb er im Testament. In den Jahren danach mussten Katharina und die Kinder wiederholt vor Missernten, Krieg und dem Ausbruch der Pest fliehen. Sie erlitt bei einem Unfall mit der Kutsche einen Knochenbruch und starb am 20. Dezember 1552 in Torgau an den Folgen.
Der eindrucksvolle Spielfilm ist aufwendig recherchiert und einfühlsam gestaltet. Er ist mehr als eine Pflicht-Reminiszenz an den großen Reformator und schildert das 16. Jahrhundert aus ungewohnt privater Sicht. Viele Nahaufnahmen und das überragende Spiel der Hauptdarstellerin Karoline Schuch lassen das späte Mittelalter mit Gewalt, Ängsten, Schmutz und Krankheiten auferstehen. Sie zeigen auch, welcher Mut dazu gehörte, sich trotz aller Beschwerlichkeiten und Schicksalsschläge durchzukämpfen und für neue Ideen einzusetzen.
Insgesamt ein außerordentlich engagiert und gut gemachter Film, der eine finstere Zeit im Licht neuer Erkenntnisse erstrahlen lässt. In der nachfolgenden Doku "Luther und die Frauen" erfährt man mehr zum Einfluss Luthers und der Reformation auf die Stellung der Frau. Und auch darüber, welche Möglichkeiten Frauen im 16. Jahrhundert hatten und was mit denjenigen geschah, die sich weigerten, ihre Klöster zu verlassen.