Die Mühlen mahlen
Katharina von Siena starb am 29. April 1380 in der Überzeugung, ihr Wunsch, die Kirche zu erneuern sei gescheitert. Heute, fast 650 Jahre später gilt die Heilige und Patronin Europas als eine der wichtigsten Kirchenlehrerinnen der römisch-katholischen Geschichte. Es kommt also nicht von ungefähr, dass katholische Frauenverbände den "Tag der Diakonin" genau an diesem Tag, dem kommenden Montag, begehen.
Gut Ding will Weile haben! Auf kaum eine Institution passt diese Redewendung so gut wie auf die katholische Kirche. Die Menschen in der Kirche, die Frauen gerne als Diakonin sehen würden, wissen das und beweisen einen langen Atem. Während die deutschen Frauen im Jahr 1917 das Wahlrecht erkämpfen, seit 1949 per Gesetz gleichberechtigt sind und sich 1970 sogar über die Aufhebung des Damenfußballverbots freuen können, liest sich die Historie zum Frauendiakonat etwas weniger linear und gleicht eher einer Berg- und Talfahrt.
So gibt es die ersten Überlegungen zum Diakonat der Frau schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Damals erheben sich Stimmen, die über die Stellung der Frau in der frühen Kirche nachdenken und dabei wird entdeckt, dass es in einer Gemeinde in Rom eine Diakonin Namens Phöbe (Phoebe) gegeben hat. 1930 beklagt Edith Stein eine Verschlechterung der Stellung der Frau in der Kirche und erinnert an Diakoninnen der christlichen Frühzeit.
Zeichen der Zeit
Das Zweite Vatikanische Konzil im Jahr 1964 ist in vielerlei Hinsicht ein progressiver Durchbruch. Gerade revolutionär ist die Aussage Papst Johannes XXIII. im Vorfeld des Konzils, die Frauenfrage in der Kirche sei eines der drei "Zeichen der Zeit". Als dann der ständige Diakonat der Männer wieder eingeführt wird, scheint auch das Frauendiakonat in greifbare Nähe zu rücken.
Von dieser Aufbruchstimmung beflügelt steht das Thema elf Jahre später mit im Fokus der Würzburger Synode. Insgesamt 16 Voten werden damals an den Papst geschickt, darunter auch der Antrag, Frauen als Diakone zuzulassen. Eine dezidierte Antwort bleibt der Vatikan schuldig.
Angesichts ihrer 2.000-jährigen Geschichte sind zehn Jahre sind in der katholischen Kirche ein Wimpernschlag und so freuen sich die katholischen Frauenverbände 1985 über ein Wort der deutschen Bischöfe zur Stellung der Frau in Kirche und Gesellschaft. Darin heißt es unter anderem, die Frage des Diakonats der Frau müsse man prüfen.
Ein Weckruf an die Frauenverbände, der eine intensive Diskussion auslöst. 1997 wird das Netzwerk Diakonat der Frau gegründet, bis 2006 darin 23 Frauen zur Diakonin ausgebildet. Für den Fall, dass die Weihe zugelassen wird.
In dieser Zeit passiert in der kirchlichen Öffentlichkeit allerings nichts mehr. Das Interesse am Diakonat der Frau versandet. Aus einem Aufbruch wird Stillstand, weil die Amtskirche deutlich signalisiert: Frauen als Diakone sind weder gewollt noch theologisch vertretbar.
Unterschied zwischen Priester und Diakon
Die Ruhe wird Ende 2009 durch ein Motu Proprio – also eine Änderung des Kirchenrechtes - des damaligen Papstes Benedikt XVI. gestört, das die Stellung des diakonischen Amtes in der Kirche verändert: Danach erhalten Bischöfe und Priester die Vollmacht, in der Person Christi, des Hauptes, zu handeln, während Diakone Christus als den Dienenden repräsentieren. Eine deutliche Unterscheidung zwischen Priesteramt und Bischofsamt auf der einen Seite und Diakonenamt auf der anderen.
Bischof Franz-Josef Bode denkt daraufhin laut über Frauen im Diakonenamt nach. Der beginnende Dialogprozesses 2010 hebt das Thema endgültig wieder auf die Tagesordnung. Keinen Moment zu früh, denn vielen, vor allem jüngeren Frauen in der Kirche, ist nicht nur in der Diakonatsfrage die Puste ausgegangen.
Immer mehr sind mit ihrer Stellung, die sich so himmelweit vom Frauenalltag der heutigen Gesellschaft unterscheidet so unzufrieden, dass sie sich abwenden.
Es liegt nun vor allem in der Hand der älteren katholischen Frauengeneration, weiter für ihre Sache zu kämpfen. Nicht nur die Heilige Katharina von Siena dient ihnen dabei als Vorbild, sondern auch die englische Ordensgründerin Mary Ward oder Kirchenlehrerin Hildegard von Bingen – starke Frauen, deren Einsatz und Leistung Früchte trugen, wenn auch erst lange nach ihrem Tod. Die Mühlen mahlen langsam, aber sie mahlen.