Ritter der Tugend
Höhepunkt soll am Samstag eine Begegnung der Malteser mit Papst Benedikt XVI. im Petersdom sein. Italienische Kaufleute hatten 1048 in Jerusalem eine Hospitalbruderschaft gegründet, um Pilgern aus ihrer Heimat und dann auch aus anderen Ländern Schutz und Hilfe in der heiligen Stadt des Christentums zu geben.
Aus der Bruderschaft wurde damals im Laufe eines halben Jahrhunderts bis 1099 ein Orden der katholischen Kirche. Mit seiner von Anfang an internationalen Mitgliedschaft und Aufgabenstellung ist der Malteserorden zugleich der älteste Krankenpflegeorden wie auch der erste streng zentralistisch aufgebaute Orden der katholischen Kirche. 1113 gab der Papst den Rittern erste finanzielle Privilegien - und legte so den Grundstein für ein Imperium.
13.500 Ritter in 120 Ländern
Heute ist der Malteserorden mit seinen 13.500 Rittern und rund 80.000 freiwilligen Helfern in 120 Ländern eine der größten Hilfsorganisationen der Welt. Der Malteser Hilfsdienst versucht in Krisengebieten weltweit, Not zu lindern - egal ob auf dem Balkan, in Südostasien, in Haiti oder dem Sudan. Dass die tatkräftigen Helfer im Auftrag des "Ritterlichen Ordens des heiligen Johannes vom Spital in Jerusalem" tätig sind, wissen die wenigsten.
Nach dem endgültigen Fall Jerusalems verschanzten sich die Ordensritter im 14. Jahrhundert zunächst auf Rhodos, ehe auch diese christliche Bastion 1522 an die Osmanen fiel. Die Ritter waren so abermals arbeitslos. Hilfe kam vom deutschen Kaiser Karl V., der den Kreuzrittern 1530 Malta als Lehen anbot.
Kaperfahrten und Feudalbesitz
Beim Anblick der Insel im Mittelmeer sollen die Ritter entsetzt ausgerufen haben: "Das sind ja nur Steine!" Doch bald entdeckten sie die Vorzüge des kargen Eilands zwischen Europa und Nordafrika mit seinem strategisch gut gelegenen Hafen. Von hier aus verteidigten sie das Christentum gegen das expandierende Osmanische Reich.
Innerhalb von 200 Jahren verwandelte der Orden die Insel in eine der bedeutendsten Festungen Europas. Durch Kaperfahrten und Einnahmen aus dem Feudalbesitz in Europa machte er Malta wohlhabend und entwickelte eine rege Bautätigkeit. Bis heute sind 98 Prozent der Malteser Katholiken.
Der kleinste Staat der Welt
Trotz der bleibenden Einflüsse wurde die Herrschaft des Ordens Ende des 18. Jahrhunderts abrupt beendet: Napoleon nahm die Insel 1798 ein. Im Nachhinein erwies sich die Niederlage als Glücksfall: Die Ritter verzichteten auf jeden territorialen Anspruch und wählten 1834 Rom als Ordenssitz.
Seit der Herrschaft über Rhodos und Malta fühlt sich der Orden jedoch autonom wie ein Staat und wird heute von rund 80 Ländern als Subjekt des internationalen Rechts anerkennt. Zu seinem Gebiet gehören rund 6.000 Quadratmeter exterritorialen Gebietes auf dem römischen Aventin. Damit ist der Orden der kleinste Staat der Welt - kleiner als der Vatikan: mit Autokennzeichen (SMOM), Briefmarken und Beobachterstatus bei der UNO, im Europarat und der EU-Kommission.
Standesgesellschaft
Von der Via Condotti 68 aus koordiniert die Regierung des spendenfinanzierten Imperiums dessen weltweite Hilfsprojekte. Dabei nutzt der Orden die aus der Souveränität resultierenden diplomatischen Beziehungen: So werden etwa Hilfsgüter als Teil des Diplomatengepäcks transportiert. Hauptanliegen der Malteser-Ritter damals wie heute ist die "tuitio fidei et obsequium pauperum" - die Wahrung des Glaubens und die Hilfe für Bedürftige. Weltweit besitzen oder betreiben sie Kliniken, Altenheime, Notfallstationen und zahllose Sozialeinrichtungen.
Der Orden unterteilt sich in drei Stände, erkennbar an den unterschiedlichen Gewändern (Kukullen). Die Professritter legen die Gelübde Keuschheit, Gehorsam und Armut ab und wählen den Großmeister, der dem Rang eines Kardinals gleichgestellt ist. Es folgen die Obödienzritter und seit 1998 auch -damen; sie geloben lediglich Gehorsam gegenüber dem Großmeister. Dem dritten Stand gehören Damen und Ritter ohne Versprechen an, die sich zu christlicher Lebensführung verpflichten. Die Mehrheit der Mitglieder sind inzwischen Bürgerliche.
Von Karl Peters (KNA)