Was geschieht im Schweizer Bistum Chur nach Ende der Amtszeit?

Spekulationen über Nachfolge von Bischof Vitus Huonder

Veröffentlicht am 21.04.2019 um 15:06 Uhr – Lesedauer: 

Zürich/Chur ‐ Diesen Ostersonntag endet die um zwei Jahre verlängerte Amtszeit des Churer Bischofs Vitus Huonder. Dass am Montag ein neuer Bischof präsentiert wird, gilt als unwahrscheinlich. Beobachter gehen von einer Übergangslösung aus.

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Am Ostersonntag feiert der Churer Bischof Vitus Huonder seinen 77. Geburtstag. Vor zwei Jahren reichte er beim Papst ordnungsgemäß seinen Rücktritt ein. Das Schweizer Bistum teilte daraufhin mit, Franziskus habe Huonders Rücktritt angenommen – jedoch nicht mit sofortiger Wirkung. Seine Demission werde erst am 21. April 2019, am Tag seines 77. Geburtstages, rechtskräftig.

Derzeit ist nicht bekannt, wie weit das Prozedere für die Wahl eines neuen Bischofs bereits vorangeschritten ist. Fragen zur gegenwärtigen Situation in der Bistumsleitung und zur Nachfolge lässt Giuseppe Gracia, Beauftragter für Medien und Kommunikation im Bistum Chur, mit "Bitte um Verständnis" unbeantwortet. Immerhin verriet er, dass am Ostermontag ein "kurzes Communique" verbreitet werde.

Der noch amtierende Bischof Huonder ist in Chur umstritten. Wie schon sein Vor-Vorgänger Bischof Wolfgang Haas (1988/90-1997) hat er das Bistum polarisiert, zu dem neben den ländlichen Kantonen auch die Finanzmetropole Zürich gehört. Mit verbalen Vorstößen zu Sexualität, Kirchenverfassung oder Lebensschutz fungierte Huonder auch landesweit immer wieder als Vertreter des konservativen Kirchenflügels.

Neuer Bischof muss Wogen glätten

Kritiker zogen 2014 an den Sitz des Bischofskonferenz-Vorsitzenden, um für eine Absetzung Huonders zu demonstrieren. Der Schweizer Dachverband der Schwulen stellte 2015 erfolglos Strafanzeige gegen den Geistlichen wegen angeblicher öffentlicher Aufforderung zu Gewalt gegen Homosexuelle. Eine Initiative namens "Es reicht!", die sich mit einer Petition für einen Administrator als Nachfolger eingesetzt hatte, zeigte sich 2017 "sehr enttäuscht" über die Amtszeitverlängerung.

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Zentrale Aufgabe des neuen Bischofs wird es sein, die Wogen in Chur wieder zu glätten. Dass dessen Name am Montag bekanntgegeben wird, ist möglich, gilt aber als eher unwahrscheinlich. Denn dann hätte das 24-köpfige Domkapitel den neuen Mann bereits gewählt und der Papst hätte die Wahl bis dahin bestätigt. Bekannt ist lediglich, dass der Apostolische Nuntius, Thomas Gullickson, seit Anfang des Jahres das vorgesehene Verfahren fleißig vorangetrieben hat, um mögliche Kandidaten zu sichten. Ob er seine Vorschläge schon nach Rom geschickt hat, ist unklar. Ebenso wenig wird mit einer nochmaligen Verlängerung der Amtszeit von Huonder gerechnet. Für wahrscheinlicher halten Beobachter eine Übergangslösung.

Wird Huonder oder ein anderer Administrator?

Dazu gibt es drei mögliche Szenarien, wie Joseph Bonnemain, Offizial im Bistum Chur, kürzlich im Infoblatt der katholischen Kirche im Kanton Zürich erklärte: Der Papst beauftragt den emeritierten Bischof Huonder, vorübergehend weiterhin als Administrator zu wirken. Auch Huonders Vorgänger, Bischof Amedee Grab, wirkte nach seinem 77. Geburtstag noch fünf Monate als Apostolischer Administrator. In dieser Funktion hätte Huonder laut Bonnemain "alle Vollmachten wie bis anhin inne".

Franziskus könnte auch einen anderen Priester oder Bischof als Administrator beauftragen, "aufgrund besonderer vorhandener Umstände und bevor später ein ordentlicher Diözesanbischof gewählt und ernannt wird", erläutert Bonnemain. Auch dieser hätte alle Kompetenzen eines bischöflichen Amtsinhabers. Der eigentliche Bischof würde dann erst gewählt, wenn der Papst "die Lage als geeignet erachtet".

Möglich ist schließlich auch das Szenario, dass aus Rom keine Anweisung für die Zeit bis zur Amtsübernahme eines neuen Bischofs kommt. In diesem Fall wählt laut Bonnemain das Kollegium der Konsultoren – bestehend aus sechs residierenden und sechs nichtresidierenden Domherren – innerhalb von acht Tagen einen Diözesanadministrator. Dieser übernimmt dann die ordentlichen Geschäfte der Bistumsleitung. Ein solcher Diözesanadministrator hat jedoch eingeschränkte Vollmachten, er darf "keine Veränderung vornehmen", heißt es in den entsprechenden Vorgaben. In der Zeit bis zur Wahl eines Diözesanadministrators wäre Marian Eleganti als Weihbischof des Bistums für die Leitungsgeschäfte zuständig.

Von Sylvia Stam (KNA)

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