Dresdens Altbischof Joachim Reinelt wird 80 Jahre alt

"Herzlich und unkompliziert"

Veröffentlicht am 21.10.2016 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Personalie

Dresden ‐ 24 Jahre prägte Joachim Reinelt als Bischof die Diözese Dresden-Meißen. Nun wird der volksnahe Seelsorger 80 Jahre alt. Seine Offenheit und Hartnäckigkeit hat er sich nie abgewöhnt.

  • Teilen:

Die Rede vom "Unruhestand" trifft auf Joachim Reinelt zu wie auf wenige andere emeritierte Oberhirten. Auch mehr als viereinhalb Jahre nach seinem Rücktritt als Bischof von Dresden-Meißen engagiert er sich tatkräftig in der Seelsorge, zumal das Bistum keinen Weihbischof mehr hat. Überdies ist Reinelts Rat bei seinen Nachfolgern Heiner Koch (2013-2015) und Heinrich Timmerevers (seit August 2016) gefragt. Am 21. Oktober wird er 80 Jahre alt. Auch in seinen 24 Amtsjahren als Diözesanbischof hatte Reinelt sich nie als Kirchenfürst gegeben. Wie seine ostdeutschen Amtsbrüder ist der gebürtige Schlesier ein volksnaher und bodenständiger Seelsorger.

In den politischen Debatten hielt er mit klaren Worten nicht hinter dem Berg. So warnte er bei einer Feierstunde des sächsischen Landtags zum Tag der Deutschen Einheit vor drei Jahren vor zu viel Bürokratie in Staat und Gesellschaft und mahnte eine bessere Familienpolitik an. Zu Reinelts Offenheit und Unkompliziertheit kommen auch Hartnäckigkeit und Eigensinn. Es sind Eigenschaften, die den Katholiken im Osten Deutschlands halfen, die Dikaturen von Nationalsozialismus und DDR-Sozialismus zu überstehen.

Linktipp: "Gewaltiger Druck lastete auf uns"

Der emeritierte Dresdner Bischof Joachim Reinelt war 1989 hautnah dabei, als die Wende begann. Er versuchte damals junge Menschen, die flüchten wollten, davon zu überzeugen, in der DDR zu bleiben. Im Interview mit katholisch.de berichtet er unter anderem über die Versorgung von Flüchtlingen in seiner Kathedrale. Daraus zieht er auch Wünsche für das Engagement in der Gesellschaft heute.

Als Reinelt nach dem Abitur Theologie in Erfurt und Neuzelle studierte, erfuhr er im Priesterseminar nach eigenen Worten eine bis dahin nicht gekannte Atmosphäre der Freiheit. Von seinen akademischen Lehrern beeinflusste ihn vor allem der Neutestamentler Heinz Schürmann, eine der prägenden Gestalten in der katholischen Kirche der DDR. Er war es auch, der den jungen Studenten noch vor dem Mauerbau in West-Berlin in Kontakt mit der aus Italien stammenden Fokolar-Bewegung brachte. Dieser geistlichen Gemeinschaft ist Reinelt seither in besonderer Weise verbunden. Nach seiner Priesterweihe 1961 war Reinelt Seelsorger in Gera, Freiberg, Ebersbach, Dresden und Altenberg. 1986 wurde er Caritasdirektor des Bistums, zwei Jahre später ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum Bischof. Reinelts bischöflicher Leitspruch "Jesus in medio" lehnt sich an das Wort Jesu "Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen" an.

Die Chancen nach der Wende genutzt

Darin kommt seine Überzeugung zum Ausdruck, dass sich Kirche mitten in der Welt bewähren muss. 1988 waren allerdings die Perspektiven noch kaum zu erahnen, die sich wenig später nach dem Ende des SED-Regimes eröffneten. Reinelt nutzte die neuen Chancen. Er veranstaltete Bildungstage für Politiker, gründete Schulen, Einrichtungen der Erwachsenenbildung sowie zahlreiche neue Caritasdienste. In der Deutschen Bischofskonferenz leitete er 15 Jahre die Kommission für caritative Fragen, zudem war er stellvertretender Vorsitzender der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen. Zuvor stand er an der Spitze der Arbeitsgruppe für Umweltfragen.

Bei der Verabschiedung als Bischof würdigte Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) Reinelts Beitrag zu den guten Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und dem Freistaat. Zudem hob er seine "sehr wertvollen Gespräche" mit dem Bischof hervor. Sie seien für ihn Anregungen gewesen, Positionen "nochmals zu überdenken", meinte Tillich. Hohes Lob zollte auch Sachsens evangelische Landeskirche für ein "herzliches und unkompliziertes Miteinander".

Von Gregor Krumpholz (KNA)