Theologe: Reformationsgedenken ist profillos
Der in Wien lehrende reformierte Theologe Ulrich Körtner hat sich erneut kritisch zur ökumenischen Ausrichtung des Reformationsgedenkjahrs 2017 geäußert. "Statt einer Ökumene der Profile erleben wir eine der Profillosigkeit, die zwischen einer plumpen Vereinnahmung Luthers für theologische Trivialitäten und einer politisch korrekten Distanzierung vom Wittenberger Reformator, zum Beispiel von seinen judenfeindlichen Äußerungen, schwankt", schreibt Körtner in einem Beitrag für die in Berlin erscheinende evangelische Monatsschrift "zeitzeichen" (Januar).
Die vom früheren Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, geprägte Formel von der "Ökumene der Profile" vertrage sich "angeblich schlecht mit der Absicht, das Reformationsjubiläum ganz und gar ökumenisch zu begehen", befindet der aus Deutschland stammende Systematische Theologe an der Universität Wien.
"Fremdheit Luthers" besitzt Potenzial
Die heutigen Vertreter eines liberalen Protestantismus betonen laut Körtner die Fremdheit Luthers und die Schwierigkeiten, die sie mit seinem Erbe hätten. Das sei "ein Ausdruck intellektueller Redlichkeit, die man mehr schätzen mag als die billigen Aktualisierungsversuche der Kirchen im Jubiläumsjahr".
Allerdings könnte nach Einschätzung Körtners "gerade in der Fremdheit Luthers und der übrigen großen Reformatoren ein kritisches Potenzial für Theologie und Kirche" liegen. Im Jubiläumsjahr sei dazu aber "nicht mehr viel zu erwarten". Die Festprogramme und "Liturgien für politisch korrekte Bußgottesdienste" seien längst geschrieben. Im Jahr 2018, wenn der "Weltjahrmarkt in Wittenberg seine Tore geschlossen" habe, brauche es dann, so Körtner, "eine selbstkritische Bestandsaufnahme des Protestantismus in theologisch dürftiger Zeit". (KNA)