Wo eine Mini-Molkerei ein ganzes Dorf voranbringt
Wasser ist ein kostbares und knappes Gut in der Hitze von Burkina Faso, das wissen die Frauen und Männer aus einem kleinen Dorf in der Nähe des Städtchens Gonponsum. Sie setzen die Ressource daher behutsam ein. Mit ihren Hacken heben die Männer kleine Bewässerungskanäle aus, um das Wasser des nahegelegenen Staudamms nach und nach über das ganze Feld zu verteilen. Aus dem staubtrockenen Boden wird so wertvolles Ackerland, das die Frauen des Dorfs bestellen. Zwiebeln, Tomaten, Kohl, Auberginen - all das gedeiht nun unter der erbarmungslosen Sonne Westafrikas, die auch jetzt im Winter für bis zu 36 Grad Celsius sorgt.
In ihrem leuchtend gelben Kleid mit den reichhaltigen Verzierungen steht Assieta Zida am Rande eines Zwiebelfeldes. Die 50-Jährige ist stolz auf das, was sie und die anderen Kleinbauern erreicht haben. "Früher hatten wir Frauen nicht viel zu tun, wir sind nur zu Hause gewesen und haben uns um das Essen gekümmert", erinnert sie sich. Doch seit der Ackerbau besser läuft, hat sich ihr Leben verändert: "Jetzt können wir die Kinder zur Schule schicken und uns selbst Dinge leisten."
Seit 2016 gibt es Strom - wenn auch nicht überall
Es sind keine großen Revolutionen, die rund um Gomponsum passiert sind - in jener Region, wo viele Kinder aus Kapazitätsgründen nur zwei Jahre zur Schule gehen können. Wo die Frauen zu Fuß oder mit dem Fahrrad zu den sieben Kilometer entfernten Feldern gelangen. Wo es erst seit 2016 Elektrizität gibt - wenn auch nur in einigen wenigen Läden entlang der Hauptstraße. Vielmehr hat sich die Lage der Kleinbauern Schritt für Schritt verbessert - dank des Staudamms, den ein reicher Einwohner weitgehend finanziert hat, aber auch, weil sich die Menschen auf landwirtschaftliche Innovationen eingelassen haben. Innovationen, wie sie die Partnerorganisationen von Misereor unter die Menschen bringen.
Für seine Fastenaktion 2017 hat das katholische Entwicklungshilfswerk mit Burkina Faso einen der zehn ärmsten Staaten der Welt zum Beispielland erklärt. Vier von fünf Einwohnern sind in der Landwirtschaft tätig, die von einfachsten Produktionsbedingungen und geringen Erträgen geprägt ist. Im Februar besuchte Misereor-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel das Land. Begleitet wurde er vom Trierer Bischof Stephan Ackermann, der die Fastenaktion am 5. März als Gastgeber eröffnen wird. Misereor ist in dem jungen, erst 1960 aus französischer Kolonialregierung entlassenen Staat seit mehr als 50 Jahren engagiert. Die Deutschen setzen dabei auf die Zusammenarbeit mit nichtstaatlichen Organisationen.
Diese organisieren mehrtägige Workshops für Kleinbauern und Wissenschaftler. Ziel ist ein gemeinsamer Lernprozess auf Augenhöhe. Die Bauern tauschen sich untereinander über bessere Anbaumethoden aus und schließen sich in bäuerlichen Forschungsgruppen mit Agrarexperten zusammen. So konnten pflanzliche Mittel gegen Tierseuchen entwickelt werden. Eine Partnerorganisation hat im Dorf Tambolo nahe der Grenze zu Ghana eine Minimolkerei gebaut. Dort sind viele Menschen Halbnomaden und halten Kühe. Wegen der Hitze hält sich die Milch ungekühlt maximal vier Stunden, weshalb sie früher nur schlecht vermarktet werden konnte. Nun wird sie zu Joghurt verarbeitet und damit haltbar gemacht.
"Wir müssen nicht mehr für Alles die Männer um Erlaubnis fragen"
Im Schnitt 42 Liter am Tag - das ist der Ertrag des kleinen Betriebs, der ausschließlich von den Frauen des Orts in Schichtarbeit betrieben wird - denn für die Kühe sind traditionell die Frauen zuständig. Der Unternehmergeist der Frauen erhöht schleichend ihre soziale Stellung. "Wir leben jetzt unter besseren Bedingungen", sagt Leiterin Maryam Diallo. "Wir haben selbst Geld und müssen nicht mehr für Alles unsere Männer um Erlaubnis fragen."
Die Mini-Molkerei in Tambolo, die verbesserten Anbaubedingungen in Gomponsum - Bischof Ackermann zeigt sich beeindruckt: "Solche kleinen unternehmerischen Initiativen verändern das soziale Gefüge: Die Frauen gewinnen Selbstbewusstsein und erzielen eigene Einkünfte". Auch Spiegel gibt sich optimistisch: "Das Land hat findige Bauern, die mit Kraft und Kreativität nach Lösungen für ihre alltäglichen Probleme suchen."