Gudrun Lux über das Rosenkranzgebet

Auf leisen Sohlen revolutionär

Veröffentlicht am 02.05.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Gudrun Lux über das Rosenkranzgebet

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Der Rosenkranz ist an den Hälsen von Stars und Sternchen zu sehen, er baumelt an Autospiegeln und leuchtet in bunten Farben unter allerlei Kitsch an Verkaufsständen. Er ist ein Schmuckstück, vielleicht nur manchmal noch ein Symbol für eine diffuse Hoffnung oder einen Glauben. Jaja, ich weiß schon, der Rosenkranz ist hierzulande in den vergangenen fünfzig, sechzig Jahren aus der Mode gekommen – ich meine nicht das Accessoire, sondern das Gebet.

In den Gebeten, die die 59 Perlen symbolisieren, steckt die Schönheit und Ruhe des Katholizismus – und so ziemlich jede grundlegende Glaubensaussage. Der Zauber des Rosenkranzes liegt in der Wiederholung, fünfzigmal den englischen Gruß beten, dazwischen das Vaterunser, das kann langweilig sein oder anstrengend oder eben: heilbringend. Dann nämlich, wenn es zur inneren Einkehr führt. Der Weg dahin ist für manche kurz, sie finden gleich hinein in das meditative Gebet. Andere brauchen Übung, bis der Rosenkranz zur Routine wird, die ihnen erlaubt, das Herz zu öffnen und die Gedanken fließen zu lassen.

Der Mai ist einer der beiden Marienmonate, eine anrührende Zeit, in der die Volksfrömmigkeit blüht, tradiert in unzähligen Liedern. Als fränkische Katholikin haben sie mich von Kindesbeinen an begleitet: "O himmlische Frau Königin, du aller Welten Herrscherin! Du Herzogin von Franken bist, das Herzogtum dein eigen ist." Der Mai ist ein guter Anlass, den Rosenkranz zu beten, vielleicht zum ersten Mal, vielleicht nach langer Zeit einmal wieder oder vielleicht auch, weil er Sie ohnehin begleitet.

Einst habe ich in Mittelamerika den unschätzbaren Wert des meditativen Rosenkranzes kennengelernt, der eine starke Gemeinschaft und eine unbändige Kraft in den Herzen der Menschen besiegelt und bestärkt. Nicht weltfremde Träumer, sondern Menschen, die mit beiden Beinen im Leben stehen und denen ihr Glaube die Kraft gibt, die Welt zu verändern: Ausbeutung und Unterdrückung zu beenden, Unrecht aufzudecken und für das Recht zu streiten. Die revolutionäre Kraft des Gottes, mit dem wir Mauern überspringen können, kommt im Rosenkranzgebet auf leisen Sohlen daher.

Von Gudrun Lux

Die Autorin

Gudrun Lux ist freie Journalistin und Vorsitzende der Münchner Grünen. Sie ist Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK).

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.