Der Cartellverband ist Dachverband von 120 katholischen Studentenverbindungen

"Brauchen uns nicht verstecken"

Veröffentlicht am 23.10.2014 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Hochschule

Bonn ‐ Wenn die Katholischen Hochschulgemeinden in diesen Tagen den Semesterstart mit einem Gottesdienst feiern, haben auch die katholischen Studenverbindungen ihren großen Auftritt. Sie ziehen mit Fahnen und Bannern in die Kirchen ein und präsentieren dabei ihre Verbindung. Organsiert sind sie in drei verschiedenen Dachverbänden. Der größte ist der Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen (CV).

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Knapp 120 Mitgliedsverbände zählt der CV und umfasst rund 28.000 Mitglieder. Seit einem Jahr ist auch Richard Dören eines davon. Seine Verbindung ist die Ferdinandea Prag zu Heidelberg. Der 22-Jährige studiert Rechtswissenschaften in der Stadt am Neckar und ist Pressereferent des CV-Präsidiums, dem sogenannten Vorort. "Der Vorort repräsentiert den Verband nach innen und außen", erläutert Dören. Er wechsele jedes Jahr und sei vergleichbar mit einem Vereinsvorstand. Im vergangenen Jahr haben die katholischen Studentenverbindungen aus Aachen den Vorort gestellt, ab August 2015 ist Würzburg in der Pflicht.

Der Vorort des Rhein-Neckar-Kreises besteht aus sieben Studenten. Das Studium ruht während der Arbeit im Vorstand nicht, sagt Dören. "Das erfordert eine gute Zeiteinteilung und Teamarbeit." So sind die Mitglieder des Vororts deutschlandweit auf Veranstaltungen der einzelnen Verbindungen zu Gast und informieren über die Arbeit des Verbands.

Bild: ©privat

Richard Dören ist Pressesprecher des Cartellverbands-Vorort Mannheim-Heidelberg. Der CV vertritt rund 30.000 Mitglieder von katholischen Studenverbindungen.

Der CV verfolgt vier Prinzipien

Dören selbst ist erst im Laufe seines Studiums in seine Verbindung eingetreten – und war damit der erste aus seiner Familie. Ihn hat besonders das gemeinsame Werteverständnis angesprochen. Bei vielen anderen Mitgliedern waren jedoch bereits der Vater oder ein Onkel Mitglied einer Verbindung, erzählt der Student. Andere kämen wegen der oft günstigen Zimmer der einzelnen Häuser in Kontakt mit den Verbänden und blieben letztlich dabei.

Der CV, der 1856 gegründet wurde, verfolgt vier Prinzipien: Wissenschaft (Scientia), Glaube (Religio), Freundschaft (Amicitia), Vaterland (Patria). Das letzte Prinzip unterscheidet den CV von anderen Dachverbänden katholischer Studentenverbindungen. Die Verwurzelung in der Geschichte Deutschlands und seiner Länder sei Grundlage für die Weiterentwicklung dieses Gemeinwesens zu einem vereinten Europa als gemeinsames Vaterland, heißt es dazu auf der Homepage des CVs. Im Gegensatz zu den Burschenschaften sind katholische Studentenverbindungen allesamt nicht-schlagende Verbindungen – das Fechten mit dem Degen entfällt also. Früher war sie laut Kirchenrecht sogar strengstens verboten. Wer dem zuwider handelte, musste mit der Exkommunikation rechnen. Das ist nach der neuesten Version des Kirchenrechts zwar nicht mehr der Fall, die sogenannte Mensur - also den Fechtkampf - lehnen die katholischen Verbindungen aber weiterhin ab.

Eine Bindung auf Lebenszeit

Wer sich einer Studentenverbindung oder einer Burschenschaft anschließt, tut dies auf Lebenszeit – das trifft auch auf die katholischen Studentenverbindungen zu. "Die Mitglieder sollen sich gegenseitig stützen und helfen", sagt Dören. Das höre auch nach dem Studium nicht auf: So sei es Brauch, dass ältere Mitglieder, die bereits im Berufsleben stehen, die jüngeren finanziell unterstützen. Dies geschehe vor allem durch die Finanzierung der einzelnen Häuser, in denen viele der Verbindungsmitglieder wohnten.

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Video: © katholisch.de

Der Semestereröffnungsgottesdienst bringt Studenten zusammen.

Von den Vorurteilen gegenüber Studentenverbindungen, Burschenschaften oder Corps hat auch Dören schon gehört. Immer wieder wird gerade den Burschenschaften eine zu große Nähe zu rechten Positionen vorgeworfen. Doch deswegen dürfe man nicht alle über einen Kamm scheren, warnt er. "Das Verbindungswesen ist sehr vielfältig." Zudem seien Verbindungen oft weit weniger altbacken als man von außen vielleicht meine. Jeder sollte sich erst einmal einen Überblick über die Arbeit der einzelnen Verbände verschaffen bevor er urteilt, meint Dören.

Auch die Frage nach weiblichen Mitgliedern wurde Dören schon oft gestellt. "Das Verbindungswesen ist ein rein männliches", sagt der Student dazu. Nichtsdestotrotz gebe es aber seit der Jugendrevolte 1968 Frauenverbindungen, darunter auch katholische. Diese sind aber nicht im CV organisiert, sondern unter einem weiteren katholischen Dachverband, der Unitas. Ob eine Kooperation innerhalb des CVs in Zukunft möglich ist, müsse sich erst zeigen, sagt Dören. "Wir müssen schauen, wie sich das entwickelt."

Dass die gesellschaftliche Relevanz des CVs abgenommen hat, ist für Dören weniger Problem, sondern vielmehr eine Herausforderung. Gemeinsam mit dem gesamten Vorort wollen sie versuchen, die Arbeit des Verbands wieder öffentlicher zu machen, denn: "Wir brauchen uns nicht zu verstecken." Immer noch seien viele der Mitglieder in Kirche, Politik oder Sozialwesen engagiert. Zudem habe der CV auch berühmte Mitglieder: Neben Moderator Thomas Gottschalk oder Fußballer Christoph Metzelder ist auch der emeritierte Papst Benedikt XVI. Mitglied des Verbands.

Von Sophia Michalzik

Weitere Informationen

Die katholischen Verbindungen sind im Laufe des 18. Jahrhunderts entstanden. Grund war häufig die Unterdrückung der katholischen Bevölkerung und die allgemeine Religionsmüdigkeit in der Gesellschaft. Die katholischen Studentenverbindungen sind heute zu einem großen Teil in den drei großen Dachverbänden organisiert: dem Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen, dem Kartellverband der katholischen Studentenvereine (KV) und dem Verband der Wissenschaftlichen Katholischen Studentenvereine Unitas (UV). Die katholischen Verbindungen bilden aber nur einen Teil der Verbindungslandschaft. So gibt es auch noch Corps, Burschenschaften oder Landsmannschaften. Sie gehören zu den schlagenden Verbindungen und pflegen das studentische Fechten mit scharfer Waffe, die sogenannte Mensur. (kim/som)