Caritas und SkF machen digitale Schwangerschaftsberatung

Wie Whatsapp - aber für Schwangere

Veröffentlicht am 21.10.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Familie

Freiburg ‐ Facebook und WhatsApp sind als Kommunikationsmittel nicht mehr wegzudenken. Die Caritas und der SkF entwickeln dennoch einen eigenen Messenger, um Schwangere in allen Lebenslagen zu beraten. Aber warum?

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Schon seit 15 Jahren bieten der Deutsche Caritasverband und der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) Schwangerschaftsberatung im Internet an. Jetzt haben beide Verbände angekündigt, das gemeinsame Angebot deutlich auszubauen – etwa auch durch einen eigenen Messenger-Dienst. Wie das neue Konzept aussieht und ob das Netz überhaupt das richtige Medium für ein so ernstes Thema wie Schwangerschaftsberatung ist, erklärt Sabine Fähndrich, Referentin für Schwangerschaftsberatung beim Deutschen Caritasverband.

Frage: Warum baut die Caritas die Online-Beratung von Schwangeren aus?

Fähndrich: Wir haben unsere Schwangerschaftsberatung von 2012 bis 2014 in einer Studie evaluiert. Das Ergebnis: Die klassische Face-to-Face-Beratung ist mit rund 120.000 Ratsuchenden jährlich ein hoch frequentierter Dienst. Wenn es aber darum geht, neue Zielgruppen zu erschließen, macht es Sinn, das Netz noch stärker zu nutzen. Denn da bewegen sich heute nun mal die Frauen im gebärfähigen Alter –  seien sie nun Teenager oder 40 Jahre und älter. Wir sind schon 2002 mit der Online-Beratung in Form von Mail und Chat gestartet, haben das Programm seitdem aber nicht mehr verändert. Also liegt es nahe, sich neue Formen zu erschließen. Bei der Digitalisierung der sozialen Arbeit möchten wir  auch Pionierarbeit leisten! Ein ähnlich differenziertes Konzept, wie wir es nun umsetzen wollen, gibt es bei anderen Anbietern von Schwangerschaftsberatung bisher jedenfalls noch nicht.

Frage: Wie sieht dieses Konzept genau aus?

Fähndrich: Bislang ist die Schwangerschaftsberatung eines von 14 Arbeitsfeldern — von Schulden bis hin zu Suchtkrankheiten — die integriert sind in das allgemeine Online-Beratungsportal der Caritas. Jetzt bauen wir eine eigene Website der Schwangerschaftsberatung auf. Dazu soll auch ein Forum gehören, das von unseren Beraterinnen moderiert wird. Außerdem wird von dieser Homepage aus ein eigens entwickelter Messenger erreichbar sein, der ähnlich wie Whatsapp oder Threema funktioniert und über den wir ebenfalls Beratung  anbieten. Zudem gibt es einen eigenen Facebook-Auftritt, der sich an die Beraterinnen wendet und ihnen tagesaktuell Infos zur Verfügung stellt.

Frage: Wie wollen Sie bei der Messenger-Beratung ausreichenden Datenschutz gewährleisten?

Fähndrich: Wir nutzen bewusst keinen herkömmlichen Messenger, sondern entwickeln ein eigenes Programm, das datensicher und verschlüsselt arbeitet. Die Daten liegen dann nicht auf irgendeinem Server oder einer Cloud, sondern auf einem von uns angemieteten Server in Deutschland.

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Frage: Aber ist es andererseits für die Ratsuchenden nicht eine Hürde, wenn Sie nicht auf gängige Messenger wie Whatsapp oder Threema zurückgreifen können?

Fähndrich: Zu Beginn vermutlich.  Aber letztlich ist es besser, den Klienten diese kleine Unannehmlichkeit zuzumuten, einen eigens entwickelten Messenger zu nutzen. Auf diesem Weg können wir in jedem Fall unsere Qualitätsstandards beim Datenschutz halten.

Frage: Welches sind die neuen Zielgruppen, die Sie sich jetzt erschließen wollen?

Fähndrich: Wir möchten gern Frauen aller Altersgruppen erreichen.  Im Moment  liegt der Altersdurchschnitt der Frauen, die wir beraten, bei 27 Jahren – das ist schon gut , aber wir wollen das gesamte Altersspektrum ansprechen. Wir erreichen in der Face-to-Face-Beratung bisher vor allem Frauen , deren Sorgen sich etwa um die finanzielle Sicherung ihrer Existenz drehen.  Es ist unser Ziel, auch werdende Mütter fernab dieser ökonomischen Existenzängste  zu erreichen, die sich beispielsweise Gedanken machen, wie sie Kind und Karriere zusammenbekommen, oder sich über vorgeburtliche Untersuchungen informieren wollen. Schließlich geht es darum, Onlineberatung und Face-to-Face-Beratung noch besser zu vernetzen.  Es gibt viele Ratsuchende, die einen weiten Weg zurücklegen, um zu uns in die Beratungsstelle zu kommen. Sie könnten sich künftig nach einem klassischen Beratungsgespräch bei Bedarf  erneut mit einer Beraterin in einem terminierten Chat oder via Messenger verabreden.

Frage: Ist es im Chat oder per Messenger denn überhaupt möglich, eine echte Beratung zu so einem schwierigen Thema anzubieten – etwa, wenn eine Frau über einen Abbruch nachdenkt?

Fähndrich: Als wir 2002 mit der  Online-Beratung  begonnen haben, war der Fokus, Frauen zunächst im Netz anzusprechen und dann in die persönliche Beratung zu führen. Mit der Zeit haben wir aber gesehen: Die Online-Beratung entwickelt sich zu einem ganz eigenständigen Beratungsangebot. Ob per Mail oder Chat – auch hier finden hilfreiche  Beratungsgespräche statt. Oft ist es so, dass die Frauen am Ende zurückmelden: Meine Fragen sind beantwortet, ich habe keinen weiteren Beratungsbedarf.

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Frage: Ist das für die Beraterinnen nicht unbefriedigend?

Wir bekommen  überwiegend von den Beraterinnen das Feedback, dass das Medium ausreicht, um die Fragen der Frauen zu beantworten. Natürlich gibt es auch Chats, in deren Verlauf die Beraterin der betroffenen Frau empfiehlt,  es wäre gut, wenn Sie sich noch einmal bei der Schwangerschaftsberatungsstelle in Ihrer Nähe melden für ein persönliches Gespräch.

Frage: Egal bei welchem Thema?

Fähndrich: Ja – gerade auch, wenn Frauen überlegen, ob sie das Kind überhaupt behalten wollen. Wir verzeichnen in der Online-Beratung sogar einen höheren Anteil an Schwangerschaftskonfliktberatungen als in den persönlichen Gesprächen. Caritas und SkF stellen seit 2001 keine  Beratungsnachweise mehr aus, die die Frauen bei einem Schwangerschaftsabbruch vorweisen müssen. Da im Netz aber grundsätzlich keine Beratungsscheine ausgestellt werden, spielt diese Frage bei den Online-Beratungen auch keine Rolle. Hier geht es  darum, die Frauen möglichst gut und umfassend zu beraten. Insofern ist das Internet da durchaus eine Bereicherung.

Frage: Trotzdem ist so ein Messenger-Austausch doch viel oberflächlicher als ein persönliches Gespräch, in dem man Gestik und Mimik des anderen sehen kann….

Fähndrich: Das kann man so nicht sagen. Studien zeigen, dass ein sehr großer Anteil der Bevölkerung über Messenger kommuniziert. Gerade Jugendliche und junge Erwachsene erledigen ganz komplexe Fragestellungen mit ihrem Freundeskreis, mit Eltern und Bekannten über WhatsApp und Co. Wir gehen sogar davon aus, dass der Messenger die Mailberatung irgendwann ganz ablösen wird.

Frage: Ab wann geht das neue Angebot online?

Fähndrich: Das Konzept steht, jetzt sind wir dabei, es den einzelnen Diözesan-Caritasverbänden vorzustellen. Wir gehen von einem Termin im Jahr 2018 aus.

Von Gabriele Höfling