Einsatz für das Jesuskind

Veröffentlicht am 24.12.2012 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Ein Pfarrer und Messdiener während eines Weihnachtsgottesdienstes.
Bild: © KNA
Kirchliche Berufe

Bonn ‐ Die Nacht vom 24. auf den 25. Dezember ist für Boris Böhmann traditionell kurz. An Heiligabend entlässt der Domkapellmeister die Gottesdienstbesucher im überfüllten Freiburger Münster mit einem Chor aus Bachs Weihnachtsoratorium erst nach 24 Uhr in die Heilige Nacht. Noch nicht mal acht Stunden später leitet er schon wieder die Generalprobe für das festliche Pontifikalamt am ersten Weihnachtsfeiertag.

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Wie ihm geht es vielen Menschen, die für die Kirche arbeiten oder sich ehrenamtlich engagieren: Priester, Gemeindereferenten, Messdiener und Kirchenmusiker fangen dann an zu arbeiten, wenn die meisten Katholiken die Feiertage genießen.

"Was machst Du eigentlich hier?

So geht es auch Dietmar Schmidt, Pastor der Gemeinde Maria Magdalena in Wattenscheid-Höntrop. Er erledigt am Heiligen Abend Krankenbesuche und ist nachmittags beim Krippenspiel mit dabei. Abends um 23 Uhr feiert er dann die Christmette. Weiter geht es am 25.12. und 26.12. mit jeweils zwei Gottesdiensten. Doch besonders gestresst wirkt Schmidt nicht, wenn er von seinem Mammutprogramm spricht: "Die Gottesdienstfeiern sind an Weihnachten der Ort, an dem ich zur Ruhe komme". Viel stressiger findet er das Drumherum. Als Pastor der Gemeinde und Stadtdechant von Bochum und Wattenscheid hat er viel zu tun, auch im organisatorischen Bereich. "Das geht auch in normalen Zeiten an die Grenze des Absurden. Manchmal, wenn ich mit überhöhter Geschwindigkeit von einer Kirche zur nächsten fahre, um noch pünktlich beim nächsten Gottesdienst zu sein, frage ich mich schon: Was machst Du hier eigentlich?"

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Video: © Madeleine Spendier

Abendgebet aus der Benediktinerinnenabtei Kellenried

Anita Reichert ist eine von drei Gemeindereferentinnen in der Pfarreiengemeinschaft von Heidingsfeld, einem Würzburger Stadtteil. Das Team teilt sich die an Weihnachten anstehenden Aufgaben untereinander auf. Während Reichert das Krippenspiel an Heiligabend leitet und am zweiten Weihnachtsfeiertag für den Jugendgottesdienst zuständig ist, gestaltet ihre Kollegin einen Gottesdienst im Altenheim. "Na klar ist es so: Wenn sich Lehrer und Kinder in die Ferien verabschieden, dann geht es bei uns erst richtig los", erklärt sie. Belastend findet sie das aber nicht: "Schließlich ist das nicht nur mein Beruf, sondern auch meine Berufung. Und es gibt im Gegenzug auch andere Freiräume und Zeiten, die ich mir selbst gestalten kann. Ich wusste ja, worauf ich mich einlasse, als ich den Beruf gewählt habe".

Mehr als Essen, Trinken und Geschenke

Bei Boris Böhmann ist das ähnlich. Für den Domkapellmeister ist seine Familienkonstellation geradezu ideal. Seine Frau ist Kirchenmusikerin, auch sie muss an Weihnachten arbeiten. Beide kennen es nicht anders, als die Feiertage in der Kirche zu verbringen. "Wir sind in der kirchlichen Chorarbeit aufgewachsen, für uns ist es einfach normal, an den Feiertagen in der Kirche zu sein und zu singen", sagt Böhmann und fügt hinzu: "So kann ich den Kern der weihnachtlichen Botschaft besser miterleben, als wenn es nur um Essen, Trinken und Geschenke ginge". Doch mit den Weihnachtsfeiertagen ist die stressige Zeit nicht vorbei. Am 30. Dezember steht schon der nächste Gottesdienst an, am 31.12. folgt das feierliche Pontifikalamt zum Jahresabschluss, die Reihe lässt sich bis in den Januar hinein fortsetzen.

Für René Breuer, als Kirchenmusiker im Kirchengemeindeverband Alfter bei Bonn, gilt sogar bis ins neue Jahr hinein eine Urlaubssperre. Er erlebt das Weihnachtsfest vor allem unter professionellen Gesichtspunkten. "An den Tagen arbeite ich hochkonzentriert, damit die verschiedenen Aufführungen gut gelingen. Da muss das Private dem Professionellen leider weichen", sagt er. Seine Familie mit den beiden sieben- und zehnjährigen Kindern sieht Breuer an Heiligabend nur sehr kurz.

Der Kirchenmusiker hat beobachtet, dass es immer schwerer wird, an den Feiertagen eine gute Besetzung für die verschiedenen Ensembles zu organisieren: "Das liegt auch am Bedeutungsverlust der Kirche. Früher war es für viele eine selbstverständliche Pflicht, an den Feiertagen da zu sein. Das ist heute anders". Beide Kirchenmusiker werden für Ihre Mühen aber entlohnt. "An den Feiertagen ist das Münster übervoll, es gibt oft herzlichen Applaus und viele positive Rückmeldungen. Das ist ein riesiger Motivator", sagt Boris Böhmann.

Ein beleidigter Messdiener

Auch für die Messdiener im Hamburger Neuen Mariendom bedeutet Weihnachten Hochkonjunktur. Die Truppe ist mit 37 Leuten für eine Domkirche recht klein. An Weihnachten sind in den verschiedenen Gottesdiensten bis zu 12 gleichzeitig eingeplant, erklärt Martin Colberg, der Zeremoniar des Erzbischofs. Nach seiner Erfahrung ist das Interesse bei den Messdienern dann groß: "Mein Sohn war völlig beleidigt, als er zunächst nicht eingeteilt war". Wie für die anderen kirchlichen Mitarbeiter, so sind auch für Colberg und seine Messdiener die Weihnachtstage aber trotz allem nicht die turbulentesten Tage im Jahr. "Die schlimmste Zeit ist Ostern", so Colberg.

Von Gabriele Höfling