Bayerische Landeskirche erlaubt Segnung Homosexueller
Die Evangelische Landeskirche in Bayern hat den Weg frei gemacht für öffentliche Segnungen gleichgeschlechtlicher Paare im Gottesdienst. Die Landessynode in Schwabach fasste am Mittwochabend nach einer kontroversen Debatte einen entsprechenden Beschluss. In geheimer Abstimmung votierten 72 Synodale mit Ja, 21 mit Nein, zudem gab es 2 Enthaltungen.
Als Kompromiss hält der Beschluss fest, dass es sich bei den Segnungen nicht um Trauungen handelt – die bleiben weiter heterosexuellen Paaren vorbehalten. Eine dritte Form innerhalb der evangelischen Kirche des Freistaats ist ein "Gottesdienst anlässlich einer Eheschließung" für religionsverschiedene Paare. Außerdem dürfen Pfarrer, die eine Segnung homosexueller Paare ablehnen, auch künftig nicht zu solchen Gottesdiensten verpflichtet werden. "Die individuelle Gewissensentscheidung" der Pastoren werde respektiert, heißt es im Wortlaut des Beschlusses.
Grund für die kontroverse Debatte waren die sehr unterschiedlichen Interpretationen der wenigen Bibelstellen zur Homosexualität, wie die Landeskirche mitteilte. Die Vorbereitungsgruppe schlug vor, diese Pluralität zu akzeptieren. Bis Herbst soll eine Handreichung erarbeitet werden, die Hilfestellungen für die Arbeit vor Ort und eine Ordnung für die liturgische Gestaltung solcher Segnungen enthalten soll. Bisher fanden Segnungen im "seelsorgerlichen Rahmen", also unter Ausschluss der kirchlichen Öffentlichkeit, statt.
Bedford-Strohm: "Weise" Entscheidung
Am Donnerstag bezeichnete Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm die Entscheidung der Synode als "weise". Sie nehme ernst, dass es in einer großen Kirche unterschiedliche Deutungen biblischer Texte gebe, "die auch mit großem Bemühen nicht überwunden werden konnten und mit denen wir leben müssen". Dies stelle nicht die Gemeinschaft in der Kirche in Frage. "Diejenigen, die lange auf die Möglichkeit der kirchlichen Segnung ihrer Partnerschaft gewartet haben, können den kirchlichen Segen nun in einem öffentlichen Gottesdienst empfangen." Das Kirchenparlament der rund 2,4 Millionen Protestanten in Bayern tagte von Sonntag bis Donnerstag in Schwabach bei Nürnberg.
Die evangelisch-lutherische Kirche in Bayern setze sich seit 25 Jahren mit dem Thema auseinander, sagte Oberkirchenrat Michael Martin dem Bayerischen Rundfunk. Man reagiere nicht auf die staatliche "Ehe für alle" und führe auch keine "Trauung für alle" ein. Der Lesben- und Schwulenverband Bayern begrüßte die Entscheidung als einen "Schritt hin zur Akzeptanz und Anerkennung", bedauerte aber, dass "die Ehen von Lesben und Schwulen auch weiterhin nicht als gleichwertig zu heterosexuellen Ehen anerkannt werden".
Innerhalb der 20 evangelischen Landeskirchen in Deutschland ist die Beschlusslage zum Umgang mit gleichgeschlechtlichen Paaren unterschiedlich: Laut evangelisch.de gibt es in den meisten Landeskirchen Segnungen, aber die jeweiligen Regelungen unterschieden sich mitunter erheblich. In sieben Landeskirchen, etwa in Hessen und Nassau, in Baden oder im Rheinland, gibt es Traugottesdienste für gleichgeschlechtliche Paare, die allerdings meistens nicht Trauung heißen. Zudem wird der Eintrag ins Kirchenbuch ermöglicht. In einer Handvoll Landeskirchen gibt es offizielle Segnungen in öffentlichen Gottesdiensten, während andere nur im Einzelfall Segnungen erlauben oder sie ablehnen, wie zuletzt im November die württembergische Landeskirche. Dort ist weiterhin nur eine seelsorgerliche Begleitung möglich. In Bremen und Anhalt entscheiden die einzelnen Gemeinden, was möglich ist.
In der katholischen Kirche gibt es weder Trauungen noch offizielle gemeinsame Segnungen gleichgeschlechtlicher Lebenspartner. Nach katholischer Lehre kann es das Sakrament der Ehe nur zwischen Mann und Frau geben. Die deutschen Bischöfe kritisierten im Jahr 2017 auch die Einführung der zivilen "Ehe für alle". Allerdings zeichnet sich in Deutschland eine vorsichtige Öffnung für die Segnung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften ab. Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode regte im Januar als erster Bischof eine Diskussion darüber an. Zahlreiche Laien, allen voran das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), sowie Theologieprofessoren sprechen sich seit Langem für eine Änderung im Umgang der Kirche mit Homosexuellen aus. (luk)