Piusbrüder werfen Holocaust-Leugner Williamson raus

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Veröffentlicht am 24.10.2012 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Die traditionalistische Piusbruderschaft zelebriert die Messe nach dem alten Ritus.
Bild: © KNA
Piusbrüder

Menzingen ‐ Er hat nichts ausgelassen, um die Leitung der Piusbruderschaft gegen sich aufzubringen: Preisgabe interner Dokumente, dauernde Seitenhiebe gegen die Verhandlungen mit dem Vatikan, zuletzt eine unverhohlene Rücktrittsforderung an den Generaloberen Bernard Fellay. Als Richard Williamson im August auch noch ohne Absprache zu einer Firmreise nach Brasilien aufbrach, war das Fass offenbar übergelaufen.

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Am Mittwoch teilte die Leitung der Bruderschaft im schweizerischen Menzingen offiziell den Rauswurf des britischen Bischofs mit. Der Entschluss sei bereits Anfang Oktober gefallen .

Williamson war der Rechtsaußen der ultrakonservativen Priesterbruderschaft St. Pius X., die in den vergangenen Jahren die vatikanische Diplomatie mit Maximalforderungen publizistisch vor sich hertrieb. Weit ist Papst Benedikt XVI. ihnen entgegengekommen, um die Rückkehr der seit 1988 von Rom getrennten Gemeinschaft zu ermöglichen. Er hat dafür harsche Kritik, Häme und Spott auf sich genommen - und geriet vor allem wegen einer Aktion Williamsons in Erklärungsnot.

Williamson hatte in einem Interview den Holocaust geleugnet

In einem TV-Interview hatte Williamson im November 2008 den Holocaust geleugnet. Nicht sechs Millionen, sondern lediglich 300.000 Juden seien von den Nazis ermordet worden. Dieses Interview wurde im Januar 2009 ausgestrahlt, just an dem Tag, als Benedikt XVI. als Versöhnungsgeste die Rücknahme der Exkommunikation für die vier Bischöfe der Bruderschaft verkünden ließ - darunter auch Williamson.

Ein peinlicher Eklat nicht nur für Rom. Auch dem einigungswilligen Generaloberen Fellay wurde der rechtsauslegende Dissident zunehmend unbequem. In Argentinien, wo Williamson damals das Priesterseminar der Piusbrüder leitete, stellte man ihm den Stuhl vor die Tür. Als ihm auch die argentinische Regierung zusetzte, floh er nach England, von wo er seine Eskapaden fortsetzte. Auch ein Publikationsverbot der Leitung hielt den heute 72-Jährigen nicht davon ab, das zwischen Rom und Econe vereinbarte Stillschweigen zu umgehen und alle Einigungsbemühungen zu sabotieren.

Interne Dokumente tauchten im Internet auf; die Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Oberen und den drei anderen Bischöfen konnten nicht verborgen bleiben. Fellay beklagte, er werde von den eigenen Leuten hintergangen. In der heißen Phase der Verhandlungen im Frühjahr 2012 teilte der Vatikan mit, man werde nur noch mit Fellay selbst verhandeln. Williamson wurde gar vom Generalkapitel der Bruderschaft Anfang Juli ausgeschlossen.

Nach dem Kirchenrecht war die Bischofsweihe gültig

Nun wird der "Heldenbischof", wie er in einschlägigen Internetforen gefeiert wird, endgültig andere Wege gehen. Nach katholischem Kirchenrecht ist Williamsons Bischofsweihe zwar unerlaubt, aber gültig. Damit könnte er seinerseits eigene Anhänger zu Bischöfen weihen - und die Abspaltung von der Abspaltung weiter zementieren.

Der Holocaust-Leugner als Generaloberer einer neuen Bruderschaft, noch konzilsfeindlicher als die seines 1991 verstorbenen Lehrmeisters Erzbischof Marcel Lefebvre? Experten sprechen Williamson die Fähigkeiten dazu ab. Der Sitz einer solchen ultrakonservativen Sekte könnte möglicherweise in Lateinamerika sein, wo der ehemalige Regens noch über eine namhafte Anhängerschaft verfügt.

Noch immer ist auch nicht ganz klar, wie die beiden Pius-Bischöfe Bernard Tissier de Mallerais und Alfonso de Galarreta zum verhandlungsbereiten Kurs ihres Generaloberen Fellay stehen. Auch von ihnen waren immer wieder scharfe Töne zu dessen Einigungsbemühungen mit Rom zu hören. Dass sie sich allerdings einer Williamson-Bruderschaft anschließen könnten, ist mit Sicherheit keine Option. Der "Heldenbischof" steht künftig für sich - ausgeschlossen.

Von Alexander Brüggemann (KNA)