Ein ungewöhnlicher "Seitenwechsel"

Dieser Erzbischof wird Mönch – mit 70 Jahren!

Veröffentlicht am 20.09.2018 um 12:00 Uhr – Lesedauer: 

Portoviejo ‐ Das kommt nicht häufig vor: Vor wenigen Tagen hat Papst Franziskus den Rücktritt von Erzbischof Lorenzo Voltolini aus Ecuador angenommen. Für Voltolini war das eine große Freude, denn nun kann er Mönch werden – und das bei einem der strengsten Orden.

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Mit 70 Jahren ins Kloster einzutreten ist etwas Außergewöhnliches – umso mehr, wenn es sich um einen emeritierten Erzbischof handelt. Doch genau das hat Lorenzo Voltolini vor. Der ehemalige Erzbischof von Portoviejo im Westen Ecuadors sagt selbst, er habe Papst Franziskus nicht wegen gesundheitlicher Gründe oder einer persönlichen Krise seinen Rücktritt angeboten, sondern weil er sich dem Gebet widmen will. "Ich fühle mich ein wenig müde", schrieb der 70-Jährige in einem offenen Brief, der auf der Internetseite seines Erzbistums veröffentlicht wurde. Er fühle sich schon seit 2016 so. Vor zwei Jahren hatte ein schweres Erdbeben "den Rhythmus meines Lebens und den der ganzen Erzdiözese" aus dem Takt gebracht, erinnert sich Voltolini. Damals richtete er in seinem Bischofshaus eine Krankenstation ein, um den Menschen zu helfen. Doch nun ist er mit seiner Kraft am Ende.

"Im November werde ich ins Kloster eintreten"

"Ich halte es für weise, dass Jüngere und Fähigere die Ortskirche verwalten", erläutert Voltolini seine Beweggründe für den Rücktritt, den er dem Papst vorzeitig angeboten hatte. Denn in der Regel sind Diözesanbischöfe bis zum 75. Lebensjahr im Dienst. Ende vergangener Woche schickte Franziskus Voltolini schließlich in den Ruhestand. "Diese Gnade wurde mir gewährt", freut sich der Ex-Erzbischof. Denn bald beginnt er sein neues Leben: "Im November werde ich ins Kloster eintreten."

In welches ist für ihn schon seit längerer Zeit klar: das Trappisten-Kloster "Unsere Liebe Frau vom Paradies" in Salcedo nahe der Hauptstadt Quito. 2004 habe er den Entschluss gefasst, nach seiner Emeritierung dort einzutreten. Das Kloster der "Zisterzienser der strengen Observanz", wie der Trappisten-Orden offiziell heißt, besteht im ecuadorianischen Hochland erst seit 21 Jahren. Es wurde von spanischen Mönchen gegründet und ist Voltolini durch seine jährlichen Exerzitien gut bekannt.

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Was er mit einigen Trappisten des Klosters gemein hat, ist seine europäische Herkunft. Der Italiener wurde 1979 als Missionar von seinem Diözesanbischof in die Anden geschickt. Das war fünf Jahre nach seiner Priesterweihe. Nach verschiedenen Stellen in Ecuador als Missionar und Pfarrer wurde Voltolini 1993 Weihbischof in Portoviejo. Dort folgte er 2007 schließlich seinem Erzbischof auf den Bischofsstuhl nach. Auch auf weltkirchlicher Ebene machte er auf sich aufmerksam: 2016 berief ihn Papst Franziskus in die Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung.

Erzbischof will sich ganz dem Gebet widmen

Zukünftig möchte sich Voltolini als Mönch ganz der Liturgie und dem Gebet widmen: "Im kontemplativen Leben kann ich allen Menschen helfen", ist er überzeugt. Mehr sogar noch als in den vergangenen 44 Jahren als Priester und 25 Jahren als Bischof, glaubt er. Sein Interesse für das Ordensleben kam sogar für ihn selbst etwas überraschend: "Niemals hatte ich ein Kloster im Kopf, aber das Leben als Missionar und Bischof haben mich verstehen lassen, dass die Kirche ohne Gebet und inneres Leben nicht überleben kann." Gegen Kritik an seinem Ordenseintritt verteidigt er sich vehement: "Ich fliehe nicht vor der Welt, sondern betrachte die Welt aus einer anderen Dimension, der Dimension Gottes".

Der Erzbischof sieht seine Zeit im Kloster auch als Vorbereitung auf seinen Tod. Ein Mönch des Klosters habe vor einigen Jahren den Ratschlag gegeben, in den Orden einzutreten: "Sie sind so lange Bischof gewesen. Kommen Sie ins Kloster, dort können sie sterben, wie es sich für einen Christen gehört." Voltolini will diesen Rat befolgen. Er sagt selbst, in Anspielung auf den Namen des Klosters: "Ich ziehe das Paradies vor."

Von Roland Müller