Magdeburger Bischof will "schöpferische Minderheit"

Feige an Christen: Verlasst eure kuscheligen Wohlfühlgruppen!

Veröffentlicht am 11.11.2018 um 10:50 Uhr – Lesedauer: 

Halle/Saale ‐ Eine lebendige Kirche braucht jubelnde Massen, luxuriöse Ausstattung und volkstümliche Trachten? Wer so denkt, ist laut dem Magdeburger Bischof Gerhard Feige auf dem Holzweg. Er fordert radikale Änderungen im Selbstbild der Christen.

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Die Christen müssen sich nach Auffassung des Magdeburger Bischof Gerhard Feige noch weit stärker als "schöpferische Minderheit" verstehen. Dies sei schon wegen ihres rückläufigen Anteils an der Gesellschaft notwendig, sagte Feige am Samstag in Halle/Saale. Er äußerte sich bei einer Impulsveranstaltung für eine "Fachmesse und Ideenbörse" katholischer Verbände und Initiativen Ostdeutschlands. Sie ist unter dem Titel "die pastorale!" vom 19. bis 22. September 2019 in Magdeburg geplant.

Feige kritisierte, manche Christen suchten angesichts moderner Entwicklungen "ihr Heil in bergenden Gettos, sektiererischen Zirkeln oder kuscheligen Wohlfühlgruppen". Sie "verengen in ihrem Denken und argumentieren recht selbstgefällig und selbstgerecht". Eine lebendige Kirche brauche jedoch nicht "jubelnde Massen, eine luxuriöse Ausstattung und volkstümliche Trachten", betonte der Bischof des Bistums Magdeburg. Sie könne "auch unter schwierigsten Bedingungen Wurzeln schlagen". So zeige sich auch im Bistum Magdeburg bereits, "wie begnadet und kreativ eine kleine Herde von gläubigen Christen sein kann".

Dazu seien jedoch neue pastorale Ansätze erforderlich. So müssten sich die Pfarreien als "großräumige Netzwerke" verstehen, in denen die darin befindlichen Gemeinden, Einrichtungen und Initiativen "Knotenpunkte" seien, an denen die christliche Botschaft besonders konkret gelebt werde. Angesichts der rückläufigen Priesterzahl müssten noch mehr Laien als bisher Verantwortung auch an der Leitung übernehmen.

Kirche soll außerhalb der Gemeinden Präsenz zeigen

Feige rief dazu auf, die Präsenz der Kirche auch außerhalb ihrer Gemeinden wahrzunehmen. Er nannte Kindertagesstätten, Schulen, Sozialstationen, Kliniken und Pflegeheime sowie Suppenküchen, Sozialkaufhäuser und Akademien in kirchlicher Trägerschaft. Kirche könne überdies in Lebenswendefeiern für ungetaufte Jugendliche oder auf Weihnachtsmärkten präsent sein.

Im Ganzen müsse sich die Kirche diakonisch verstehen, forderte der Bischof. Dies umfasse mehr als die institutionalisierte Caritas. Diakonisch seien auch Segnungen, die in die Gesellschaft hineinwirken. In solchen Angeboten liege eine große Chance, "denn die Menschen in unserer Nachbarschaft sind durchaus offen dafür, sich auf existenzielle Fragen einzulassen", so der Bischof. Dies müsse jedoch auf eine Weise erfolgen, dass sie nicht vereinnahmt würden.

Bei der viertätigen Tagung "die pastorale!" im kommenden Jahr wollen sich katholische Einrichtungen aus den Erzbistümern Berlin und Hamburg sowie den Bistümern Dresden-Meißen, Erfurt, Görlitz und Magdeburg mit der Diasporasituation der katholischen Kirche in Ostdeutschland auseinandersetzen. Die Veranstaltung setze auf eine "Vielfalt der Formen und Möglichkeiten" mit Workshops, Vorträgen, Diskussionsrunden und "Best practice"-Beispielen, hieß es seitens der Organisatoren. (tmg/KNA)