Forscher finden Farbpigmente in Zahnstein von Ordensfrau

Ältester Beleg für Buchmalerinnen in Deutschland

Veröffentlicht am 10.01.2019 um 13:50 Uhr – Lesedauer: 

Jena ‐ Mit Gold, Silber und teuren Farben wurden im Mittelalter Bibeln und religiöse Bücher verziert. Lange Zeit galt die Buchmalerei in deutschen Klöstern als Männerdomäne. Ein Knochenfund aus einem Kloster bei Paderborn stellt diese Sicht jetzt in Frage.

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Ein internationales Forscherteam hat den Beweis dafür erbracht, dass Ordensfrauen bereits im Frühmittelalter an der Herstellung religiöser Bücher mitgewirkt haben. Das belegten blaue Farbpigmente aus Lapislazuli, die im Zahnstein der Frau gefunden worden seien, teilte das Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena am Mittwoch mit. Die um das Jahr 1000 gestorbene Frau habe die Farbe als Illustratorin von religiösen Handschriften des Klosters Dalheim bei Paderborn verwendet.

"Basierend auf der Verteilung des Pigments in ihrem Mund, ist es am wahrscheinlichsten, dass sie selbst mit dem Pigment malte und die Pinselspitze beim Arbeiten immer wieder anleckte", erklärte Anita Radini, eine der Autorinnen der im Fachmagazin "Science Advances" veröffentlichten Studie. Der Fund sei der früheste Beleg für den Gebrauch dieses seltenen Pigments durch eine Ordensfrau in Deutschland. Das widerlege auch die Annahme, die Buchproduktion in mittelalterlichen Klöstern sei ausschließlich von Mönchen durchgeführt worden.

Das aus dem Halbedelstein Lapislazuli gewonnene Pigment Aquamarin war im Mittelalter so wertvoll wie Gold und wurde ausschließlich zur Illustration der wertvollen religiösen Handschriften verwendet. Der Fund aus Dalheim sei so bedeutend, weil er zeige, dass diese Buchmalerin in ein riesiges, globales Handelsnetz eingebunden war, "das sich von den Lapislazuli-Minen Afghanistans über die Handelsmetropolen des islamischen Ägyptens und des byzantinischen Konstantinopels bis zur nur 14-köpfigen religiösen Frauengemeinschaft im mittelalterlichen Deutschland erstreckte", sagte Michael McCormick, Historiker an der Universität Harvard und Ko-Autor der Studie.

Zwar war Deutschland im Frühmittelalter ein aktives Zentrum der Buchproduktion, aus Frömmigkeit kennzeichneten viele Schreiber und Illustratoren ihre Werke aber nicht. Das macht eine Zuordnung quasi unmöglich. Vor allem der Beitrag der Frauengemeinschaften könne kaum bestimmt werden, schreiben die Autoren. Im frühmittelalterlichen Deutschland seien nur fünf Schreibstuben (Scriptorien) in Frauenklöstern belegt. Der Fund beleuchte nun, dass durchaus auch in kleineren Konventen in abgelegenen Regionen des Landes eine rege Buchproduktion stattgefunden habe. (cst)