50 Jahre
Denn der Weihetag am 22. Dezember drängt sich mitten in den Trubel der Weihnachtsvorbereitungen. Natürlich gibt es aus diesem Anlass ein Pontifikalamt im Kölner Dom.
Schließlich verbindet sich mit der Priesterweihe Identität und Lebensprogramm eines der markantesten Kirchenmänner Deutschlands, der wenige Tage später, am ersten Weihnachtstag, auch noch Geburtstag hat und 79 Jahre alt wird. Auch er sei "ein paarmal wirklich verliebt gewesen - und zwar so, dass ich innerlich geweint habe»", so der Kardinal über den jungen Meisner. Doch den "Ruf zu Christus" habe er "immer als so dominierend empfunden, dass das Priestertum für mich nie infrage stand".
Dieses Leben als Priester mit täglicher Messfeier, Rosenkranz- und Stundengebet wurzelt in Schlesien, wo Meisner 1933 geboren wird, und findet zunächst in Thüringen seine Prägung, wohin es die Familie nach der Vertreibung 1945 verschlägt. Mit der Mutter und seinen drei Brüdern - der Vater ist im Krieg gefallen - kommt Meisner in das Dorf Körner bei Mühlhausen.
60 Katholiken auf 3.000 evangelische Christen. Katholische Diaspora mit einem Priester für viele Ortschaften. In dieser "Kirche der weiten Wege" wird der zwölfjährige Joachim Messdiener - bei einem Pfarrer aus dem Erzbistum Köln. Herbert Böttcher hat sich zur Betreuung der Bombengeschädigten nach Thüringen gemeldet.
Der "Traumberuf"
Damals wächst bei Meisner der Wunsch, Priester zu werden. Doch aus Sorge um die wirtschaftliche Grundlage der vaterlosen Familie macht er zunächst eine Lehre zum Bankkaufmann, bevor er das Abitur nachholt und das Studium für seinen "Traumberuf" beginnt. Die Weihe empfängt er am 22. Dezember 1962 vom Fuldaer Weihbischof Joseph Freusberg, der in Zeiten der deutsch-deutschen Teilung in Erfurt seinen Amtssitz hat.
Meisner steht der Tag vor seiner Weihe noch genau vor Augen - und die Frage, wo ihn sein Priesterleben wohl hinführt. "Ich gehe hin, wo er mich hinschickt", antwortet er sich selbst. Und um diese Verpflichtung zu bekräftigen, stellt er Gott symbolisch einen Blanko-Scheck aus. Zunächst wird Meisner Kaplan in Heiligenstadt im katholischen Eichsfeld und in Erfurt, dann Caritas-Rektor, bevor er in der Kirchenhierarchie durchstartet - als Weihbischof in Erfurt, Berliner Bischof und schließlich Erzbischof von Köln.
Kompromisslose Haltung
Mehr als einmal fordert das kirchenfeindliche DDR-Regime das kämpferische Naturell Meisners heraus, der 1983 zum Kardinal ernannt wird. Beim Dresdner Katholikentag im Juli 1987 stellt er sich als Vorsitzender der Berliner Bischofskonferenz offensiv gegen die Machthaber und ruft angesichts der Sowjetsterne auf vielen DDR-Gebäuden in die Menge, dass die Katholiken keinem anderen Stern folgen als dem von Bethlehem.
Aber auch im Westen spürt er, dass seiner Kirche kühler Wind ins Gesicht bläst. Umso mehr verteidigt er den Zölibat und das Priestertum nur für Männer, verurteilt er Abtreibungen und aktive Sterbehilfe, wendet er sich gegen die "Homo-Ehe". Und er rührt energisch die Werbetrommel für Gott, Glaube und Moral, so auch als Gastgeber des Weltjugendtags 2005 in Köln.
Seine kompromisslose Haltung hat Meisner, der zu Papst Benedikt XVI. wie schon zu dessen Vorgänger Johannes Paul II. eine enge Beziehung pflegt, das Image des konservativen Kirchenmannes eingebracht. Dies hält er aus - und findet es nicht einmal falsch. Schließlich hätten Christen "den Glauben zu bewahren". Und das heiße auf Latein nun einmal "conservare".
Von Andreas Otto