Leo Nowak – ein Bischof in spannender Zeit
In einem Alter, in dem andere in Rente gehen, begann für Leo Nowak noch einmal ein neuer beruflicher Lebensabschnitt. Mit 65 Jahren wurde er im Juli 1994 der erste Bischof des neu errichteten Bistums Magdeburg. In diesem Amt prägte Nowak zehn Jahre lang – bis zu seinem altersbedingten Rücktritt im Jahr 2004 – maßgeblich die Entwicklung der Diaspora-Diözese und der katholischen Kirche in Ostdeutschland im ersten Jahrzehnt nach der Wiedervereinigung. An diesem Sonntag wird der emeritierte Bischof 90 Jahre alt.
Geboren wurde Nowak am 17. März 1929 in Magdeburg. Nach einer kaufmännischen Ausbildung und einem zweijährigen Studium an einer Fachschule für Industrie und Handel entschied er sich 1950 für einen geistlichen Werdegang. In den folgenden Jahren studierte er in Paderborn und Erfurt Theologie und empfing am 10. Mai 1956 in seiner Heimatstadt durch den in Magdeburg residierenden Paderborner Weihbischof Friedrich Maria Rintelen die Priesterweihe.
Besondere Akzente in der Familienpastoral
In den folgenden Jahren wirkte Nowak als Vikar in Seehausen, Großkorbetha, Lützen, Merseburg, Ziesar und Stendal und lernte so die unterschiedlichen Regionen Sachsen-Anhalts kennen. Nach knapp 20 Jahren im Gemeindedienst wurde er 1975 durch den Apostolischen Administrator und Rintelen-Nachfolger Johannes Braun zum Leiter des Seelsorgeamtes in Magdeburg ernannt; in dieser Funktion setzte er besondere Akzente in der Familienpastoral.
Am 12. Februar 1990 – mitten in der spannenden Zeit nach dem Fall der Berliner Mauer – ernannte Papst Johannes Paul II. (1978-2005) Nowak zum Bischof und Apostolischen Administrator in Magdeburg. Die Bischofsweihe spendete ihm am 24. März in der Magdeburger Kathedrale St. Sebastian sein Amtsvorgänger Johannes Braun, Mitkonsekratoren waren der Paderborner Erzbischof und spätere Kardinal Johannes Joachim Degenhardt und der Apostolische Administrator von Schwerin, Theodor Hubrich. Als bischöflichen Wahlspruch wählte sich Nowak – passend zur bevorstehenden Wiedervereinigung – "Instaurare omnia in Christo" ("Alles in Christus vereinen").
Vier Jahre lang war Nowak danach zunächst Apostolischer Administrator des Bischöflichen Amts Magdeburg. Dieses Amt war ein Überbleibsel der untergegangenen DDR: Eigentlich gehörte Magdeburg seit 1821 zum Bistum Paderborn. Doch nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die kirchliche Verwaltung des nun hinter dem Eisernen Vorhang liegenden Gebiets erheblich erschwert. Deshalb wurden ab 1949 Paderborner Weihbischöfe nach Magdeburg abgestellt, um dort als Leiter des neu geschaffenen Erzbischöflichen Kommissariats Magdeburg den Paderborner Erzbischof zu vertreten. Weil der Magdeburger Bistumsteil im Laufe der Zeit jedoch immer eigenständiger wurde, wertete der Vatikan das Erzbischöfliche Kommissariat 1973 zum Bischöflichen Amt mit einem Apostolischen Administrator an der Spitze auf. Im Zuge der Wiedervereinigung wurde schließlich auch diese Konstruktion aufgelöst und auf dem Gebiet der ehemaligen DDR entstanden 1994 eigenständige Bistümer, darunter auch das Bistum Magdeburg mit Bischof Leo Nowak.
Bischof in der Diaspora
Als Bischof in der Diaspora – im Bistum Magdeburg sind nur rund drei Prozent der Bevölkerung katholisch – waren Nowak die Ökumene und der Dialog mit Nicht-Christen stets wichtige Anliegen. Mit Blick auf die evangelische Kirche und die Situation beider Kirchen in Sachsen-Anhalt sagte er kurz vor seinem Abschied vom Bischofsamt: "Wir haben einen gemeinsamen Auftrag, diese gute Nachricht von der Liebe Gottes zu den Menschen auch an diejenigen heranzubringen, die keiner Kirche angehören." Ein Beispiel für dieses Engagement sind die drei katholischen Gymnasien und vier Grundschulen, die während Nowaks Amtszeit gegründet wurden und deren Plätze auch bei konfessionslosen Schülern begehrt sind.
Eine Herzensangelegenheit war Nowak auch die Wiederbesiedlung des mittelalterlichen Zisterzienserinnenklosters Helfta in der Lutherstadt Eisleben. "Wir können für unser Bistum nur froh sein, dass wir eine solche Quelle des geistlichen Lebens in dieser Region haben", sagte er 2004. Dass der Wiederaufbau des Klosters gelungen sei, sei ein "Zeichen wider die Hoffnungslosigkeit". Und ein Erfolg war der Neuanfang auch: Seit 1999 hat sich Helfta zu einer spirituellen Stätte mit bundesweiter Ausstrahlung entwickelt.
Ein weiteres Projekt, das bis heute mit Nowaks Namen verbunden ist, ist das von ihm aufgebaute "Netzwerk Leben". Das Netzwerk war die Antwort des Bischofs auf den Ausstieg der katholischen Kirche aus dem System der staatlichen Schwangerschaftskonfliktberatung im Jahr 1999. In Notfällen erhalten werdende Eltern durch die Stiftung schnelle und unbürokratische Hilfe, etwa durch Rechtsberatung oder finanzielle Beihilfen. Für Nowak konnte durch das Netzwerk "der Glaube stärker zum Leuchten gebracht werden".
Interessiert an den Entwicklungen in "seinem" Bistum
Schatten auf Nowaks Bischofsjahre fielen dagegen durch Immobilien- und Finanzgeschäfte der inzwischen abgewickelten Gero AG. Mit dem Unternehmen wollte das Diaspora-Bistum rund um die Jahrtausendwende seine schwierige finanzielle Situation verbessern und unabhängiger von Zuwendungen der westdeutschen Bistümer werden. Doch das ging gründlich schief, und die verlustreichen wirtschaftlichen Aktivitäten belasten bis heute die Bilanz der Diözese.
Obwohl sein Rücktritt vom Bischofsamt mittlerweile 15 Jahre her ist, ist Nowak immer noch regelmäßig für seine Kirche im Einsatz. So hält er weiterhin Gottesdienste, engagiert sich in seiner Gemeinde und repräsentiert das Bistum bei öffentlichen Anlässen in Sachsen-Anhalt. Zu Gerhard Feige, seinem Nachfolger auf dem Magdeburger Bischofsstuhl, hat Nowak ein gutes Verhältnis; beide sprechen regelmäßig miteinander. Nicht nur bei diesen Gesprächen informiert sich Nowak, der seinen Altersruhesitz im Magdeburger Ordinariat hat, weiterhin mit wachem Interesse über aktuelle Entwicklungen und Herausforderungen in "seinem" Bistum.