Deutsche Bischöfe rufen am Aschermittwoch zur Umkehr auf

Kardinal Marx: "Höchste Zeit" für Erneuerung der Kirche

Veröffentlicht am 07.03.2019 um 10:20 Uhr – Lesedauer: 

München/Bonn ‐ Die Kirche selbst sei zu Buße und Umkehr aufgerufen und müsse besonders mit Blick auf die Missbrauchsfälle in "Staub und Asche" gehen: Die deutschen Bischöfe äußerten sich zu Aschermittwoch selbstkritisch und sprachen über den "neuen Weg der Kirche".

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Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat in seiner Predigt zum "Aschermittwoch der Künstler" im Münchner Liebfrauendom verstärkte gemeinsame Anstrengungen bei der Erneuerung der Kirche gefordert. Mit Blick auf sexuellen Missbrauch und den Missbrauch von Macht sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, es sei "höchste Zeit" für Solidarität und Miteinander auf dem "neuen Weg der Kirche".

Es gelte weiter, die eigene Schuld, "das, was an Versagen da ist, an Übersehen da ist, an Verwundungen da ist, zu benennen, zu bereuen", erklärte der Erzbischof von München und Freising. Ohne Reue gebe es keinen Neuanfang, aber es gebe auch keinen Neuanfang ohne Solidarität. "Wir brauchen einander, gerade jetzt in diesen schwierigen Jahren für die Kirche, in denen sie sich neu auf den Weg machen muss", so der Kardinal. Von großer Bedeutung sei dabei der "Blick von außen, auch der Blick derer, die uns mit Liebe, mit Ärger, aber auch mit großer Hoffnung begleiten, die zu recht viel von uns erwarten".

In der mit dem Aschermittwoch beginnenden Fastenzeit solle die Kirche diesen Weg "mit großer Offenheit" gehen, betonte Marx. "Wenn wir nur in uns verschlossen bleiben, wenn wir nur daran interessiert sind, dass es uns gut geht, dass wir durchkommen, dass wir vor den anderen gut dastehen, dann werden wir die befreiende Kraft der Reinigung nicht finden, die uns ermöglicht, den Umkehrweg gemeinsam zu gehen."

Woelki: Trennung von allem, was krank macht

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki sagte, die bevorstehenden Tage bis Ostern seien eine Zeit, "in der das Gescheiterte und Verletzte eine radikale Wendung erfahren kann". Voraussetzung dafür sei die Trennung von allem, was krank mache, belaste oder verderbe. Menschen in Lebenskrisen, in Angst etwa vor Verlust der Arbeit oder in Trauer nach dem Tod eines geliebten Menschen, könnten auf Rettung hoffen.

Gebhard Fürst im Gespräch mit einem Journalisten
Bild: ©KNA

Gebhard Fürst ist Bischof von Rottenburg-Stuttgart und Vorsitzender der publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz.

Der Berliner Erzbischof Heiner Koch betonte bei einer ökumenischen Feier, auch die Kirche sei zu Buße und Umkehr aufgerufen und müsse besonders mit Blick auf die Missbrauchsfälle in "Staub und Asche" gehen. "Die Kritik an der Kirche wird lauter. Und deshalb machen wir uns die Urformel der Reformation zu eigen, dass die Kirche immer wieder reformiert werden muss."

Nach Einschätzung des Rottenburger Bischofs Gebhard Fürst können Kunstschaffende Wegbegleiter auf der Suche nach Gott sein. Kunst in ihren verschiedenen Ausdrucksformen könne Suchenden den Weg weisen, sagte der deutsche Medienbischof in Stuttgart-Hohenheim. "Die Kunst hat mit dem Unsichtbaren und Unsagbaren, mit der Religion und dem Geheimnis zu tun." Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick sieht in der Kunst eine Hilfe für den Menschen, eine Beziehung zu sich selbst zu finden. Es gebe derzeit eine Selbstentfremdung der Menschen.

Kohlgraf: Wir haben von allem zu viel

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf erklärte, ihn hätten kürzlich Kunstwerke, die die Vergänglichkeit behandelten, zum Nachdenken angeregt. "Wir haben von allem zu viel. Dadurch kann es geschehen, dass wir Kraft und Zeit in Dinge investieren, die wir eigentlich für Notwendiges bräuchten." Das Osterfest am Ende der Fastenzeit gebe ihm die Hoffnung, "Wichtiges vom Unwichtigen zu unterscheiden", denn damit stehe "das Lachen über dem Tod".

Speyers Bischof Karl-Heinz Wiesemann erläuterte beim Gottesdienst im Dom die Bedeutung des Aschermittwochs als Beginn der 40-tägigen Fastenzeit vor Ostern. Es sei "eine Zeit der Neuausrichtung auf den lebendigen Gott". Hierzu sei eine Umkehr notwendig, die sich nicht nur äußerlich, sondern vor allem innerlich vollziehen müsse. "Umkehr muss ins Herz treffen." Es gelte zu begreifen, dass Gott in seiner unendlichen Liebe leidenschaftlich um uns kämpfe. In dieser Erkenntnis liege, so der Bischof, die Chance, neue Kraft zu schöpfen. Die Umkehr der Fastenzeit sei eine Hinwendung zur Liebe und Gnade Gottes.

Die Tradition des "Aschermittwochs der Künstler" kommt aus Paris und wurde in der Nachkriegszeit in Deutschland aufgenommen. Mittlerweile begegnen sich in über 100 Städten jedes Jahr Kunst- und Kirchenvertreter. (tmg/KNA)