Deutschlands einziges ökumenisches Filmfestival feiert Jubiläum
Cannes, Venedig, Berlin - Recklinghausen? Nein, einen solchen Vergleich stellen selbst Fans des Kirchlichen Filmfestivals in der Ruhrgebietsstadt nicht an. Und doch: Das seit 2010 jährlich im März stattfindende Kino-Event in Recklinghausen ist etwas ganz besonderes. Es ist nicht nur das erste deutsche kirchliche Filmfestival, sondern das einzige ökumenische überhaupt. Veranstaltet vom Arbeitskreis Kirche & Kino des evangelischen Kirchenkreises und des katholischen Kreisdekanats Recklinghausen, hat es sich unter Filmfreunden und Kritikern einen festen Platz im Kino-Jahr erobert. Dabei bekommen die hier wahrlich keine "leichte Kost" zu sehen.
16 Filme werden gezeigt
Das Festival traue sich und seinen Gästen unbequeme Filme zu, schreiben denn auch die westfälische Präses Annette Kurschus und Münsters Bischof Felix Genn, die die Schirmherrschaft übernommen haben, in ihrer Einladung. "Weil es diese Formate braucht, die uns zeigen, wo es unbequem wird, die uns nicht wegschauen lassen, wenn Menschen auf der Flucht ertrinken, wenn Schwächere unterdrückt werden." Gezeigt würden Filme, die klar machen, dass es Solidarität, Gerechtigkeit und Humanität brauche für ein gerechtes Leben. Regisseure und Schauspieler sind an den Festivaltagen anwesend und stehen für Diskussionen bereit.
16 Filme kommen zwischen dem 20. und 24. März zur Aufführung. Mit dabei ist der Dokumentarfilm "#Female Pleasure" (CH/D 2018). Regisseurin Barbara Miller erzählt von fünf jungen Frauen aus fünf Weltkulturen. Sie kämpfen gegen leib- und frauenfeindliche Traditionen ihrer jeweiligen Religion. Von Frauen und Religion handelt auch die Komödie "Womit haben wir das verdient?" (A 2018; Regie: Eva Spreitzhofer). Caroline Peters spielt darin eine Feministin und Mutter einer pubertierenden Tochter, die ihr verkündet, Muslima werden zu wollen.
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Ein in die Magengrube gehender Film ist sicher "Iuventa: Seenotrettung" (D/I 2018; Regie: Michele Cinque), ein Dokumentarfilm über das "Massengrab Mittelmeer", wo seit 2017 mehr als 17.000 Menschen auf der Flucht nach Europa ihr Leben verloren. Er stellt die Initiative "Jugend Rettet" vor, die mit einem alten Fischkutter über 14.000 Menschen aus Seenot rettete. Ihr Schiff wurde 2017 von italienischen Behörden beschlagnahmt.
Unbequem wird es auch für die Kirche: "Gelobt sei Gott" (F 2019; Regie: François Ozon) ist ein aktuelles Drama um drei Missbrauchsopfer eines katholischen Priesters in Lyon. Hintergrund ist der Fall des Priesters Bernard Preynat, der in den 80er Jahren in mehr als 80 Fällen gegenüber minderjährigen Kindern sexuell übergriffig geworden sein soll. Anfang März wurde der Lyoner Kardinal Philippe Barbarin zu sechs Monaten Bewährungsstrafe für die Nichtanzeige der sexuellen Übergriffe verurteilt.
Ebenfalls aus Frankreich kommt "Das Haus am Meer" (F 2017; Regie: Robert Guediguian): Drei Geschwister treffen sich nach Jahren in einem kleinen Ort bei Marseille, um zu beraten, was nach dem Tod ihres Vaters mit dessen Haus geschehen soll. Eine "tiefsinnige Comedie humaine über den Schmerz, aber auch die Chancen von Veränderungen, wenn Lebensentwürfe und Beziehungen auf den Prüfstand gestellt werden", urteilt der Filmdienst.
Als Festival-Highlight wird der Dokumentarfilm "Of Fathers and Sons" (D/LIB/SYR 2017) angekündigt, der für den "Oscar" nominiert war. Filmemacher Talal Derki gab sich als Journalist mit Sympathie für die Salafisten aus und filmte zwei Jahre hautnah eine syrische Familie, deren Oberhaupt seine Söhne zu Kalifatskämpfern heranzieht. Der Film erhält den "Ökumenischen Filmpreis" des Festivals.
Auszeichnung für Papst-Regisseur
Und schließlich ehrt das Festival einen ganz Großen der Branche: Regisseur Wim Wenders (73) wird mit dem Ehrenpreis des Kirchlichen Filmfestivals für sein Lebenswerk ausgezeichnet. "Wir sind auch ein bisschen stolz darauf, dass er unseren Preis annimmt und am Sonntag (24. März) bei uns zu Gast sein wird", so die Veranstalter.
Im Gepäck hat Wenders zwei seiner Meisterwerke: Zum einen "Der Himmel über Berlin" (D/F 1986/87) mit dem kürzlich verstorbenen Bruno Ganz in der Rolle eines Engels mit dem Verlangen, die Welt als Mensch zu erfahren. Zum anderen den Dokumentarfilm "Papst Franziskus" (D/I 2018) und dessen Forderungen nach Solidarität mit den Armen und nach einem respektvollen Umgang mit der Schöpfung.