Veränderungen und Trends bei Devotionalien

"Kitsch will keiner mehr kaufen"

Veröffentlicht am 24.04.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Kevelaer  ‐ Devotionalien haben ihren festen Platz an Wallfahrtsorten. Doch die Kundenwünsche ändern sich. Michael Helgers, Geschäftsführer des Fachgeschäfts "Christliche Kunst Bauer" am Marienwallfahrsort Kevelaer, kennt die Trends.

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Während früher eine Mitarbeiterin den ganzen Tag nur hinter der Rosenkranztheke stand, läuft dieser Verkauf jetzt nebenbei. Und auch sonst hat sich im Alltag des Devotionalienhandels einiges geändert, weiß Michael Helgers, Devotionalienhändler in Kevelaer. 

Frage: Herr Helgers, können Sie beschreiben, wer Ihre Kunden sind?

Michael Helgers: Das ist je nach Jahreszeit verschieden. Im Sommer kommen vor allem die klassischen Pilger. Das sind überwiegend ältere Menschen, die meist mit dem Bus aus ihren Gemeinden nach Kevelaer zur Gnadenkapelle wallfahren. Im Frühjahr spielt das Thema Erstkommunion eine große Rolle. Da suchen Eltern, Großeltern und Paten bei uns nach Geschenken für die Erstkommunionkinder. Vor Weihnachten schließlich kommen viele Familien mit ihren Kindern, die sich für unsere Krippen und anderes Weihnachtliches interessieren.

Devotionalien, verschiedene christliche Figuren und Kreuze aus Holz, in Kevelaer
Bild: ©Theodor Barth/KNA

Devotionalien, verschiedene christliche Figuren und Kreuze aus Holz, in Kevelaer.

Frage: Hat sich der Kundenstamm in den vergangenen Jahren verändert?

Helgers: Vor 20 oder 30 Jahren hatten wir sehr viele Ordensfrauen und Priester als Kunden. Das ist heute nicht mehr der Fall. Die Ordensleute werden immer weniger, und die Priester sind in ihren Gemeinden so stark eingespannt, dass sie kaum noch Zeit haben, selbst bei uns nach einem schönen Geschenk zu suchen. Ansonsten kann ich keine großen Veränderungen feststellen. Unsere Kunden kommen aus allen Altersstufen und Gesellschaftsschichten.

Frage: Was suchen die Kunden vornehmlich bei Ihnen - und hat sich das gewandelt?

Helgers: Natürlich gibt es immer noch Kunden, die Christliches im engeren Sinn suchen - Rosenkränze etwa oder Anhänger mit einem Marienbild. Aber die werden weniger. Früher hatten wir eine Mitarbeiterin, die den ganzen Tag hinter der Rosenkranztheke stand. Heute läuft das so nebenbei. Viele Leute suchen stattdessen das allgemein Besinnliche oder Spirituelle, gerade wenn es um Geschenke geht. Schließlich weiß man heute oft nicht mehr, wie der Beschenkte überhaupt zu Religion oder Glaube steht. Da will man also nichts falsch machen.

Frage: Können Sie da ein Beispiel nennen?

Helgers: Was derzeit sehr gut läuft, sind Schiefertafeln mit Sinnsprüchen. Die sind aber recht allgemein gehalten. Da steht dann etwa "Das Glück ist das einzige, was sich verdoppelt, wenn man es teilt" oder "Wo man Liebe aussät, da wächst Freude empor".

Frage: Wer kauft denn heute noch die klassischen Devotionalien?

Helgers: Das sind vor allem die religiös Gebundenen, für die die Wallfahrt nach Kevelaer noch ein Herzensanliegen ist. Meist sind das ältere Menschen.

Frage: Viele empfinden die traditionellen Devotionalien als ziemlich kitschig. Was sagen Sie als Experte dazu?

Helgers: Diese Frage hat sich insofern von selbst gelöst, als diese richtig kitschigen Produkte kaum noch gefragt werden. Das Fähnchen mit der Madonna von Kevelaer oder die Gottesmutter im Schnee - das will heute niemand mehr kaufen.

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Es fing mit der Sammelleidenschaft eines Jungen an - heute ist Rainer Propson erwachsen und betreibt mit seiner Ehefrau ein Kreuzmuseum in der Eifel. Zu sehen sind dort über 1.100 Kreuze aus der ganzen Welt.

Frage: Wohin wird sich der Devotionalienhandel in den kommenden Jahren entwickeln?

Helgers: Als ich vor 40 Jahren hier in Kevelaer angefangen habe, da haben wir einen Verbund religiöser Fachhändler gegründet. Begonnen haben wir mit 40 Mitgliedern, heute sind wir noch sieben. Die anderen 33 haben ihre Geschäfte in den vergangenen 15 Jahren schließen müssen. Devotionalienläden gibt es heute nur noch in Domstädten und Wallfahrtsorten. In einer Stadt wie Düsseldorf gibt es so ein Geschäft schon gar nicht mehr, da gibt es kein Publikum mehr dafür. Aber auch bei uns gilt: Wenn wir überleben wollen, dann müssen wir unser Angebot im Bereich Spiritualität weiter ausbauen.

Frage: Verwässert das nicht das Botschaft, droht da nicht Beliebigkeit?

Helgers: Da muss man natürlich aufpassen, sonst droht in der Tat Beliebigkeit. Wir sind in der Auswahl sehr sensibel: Was wir in unser Sortiment aufnehmen, muss zu unserem christlichen und religiösen Angebot passen. Wir sind schließlich nicht "Nanu-Nana", um nur ein Beispiel nehmen.

Von Andreas Laska (KNA)