Theologische Bildung und Glaubensverkündigung online

Stift Admont: Ein Kloster geht viral

Veröffentlicht am 12.07.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Admont ‐ Die Mönche des Benediktinerstifts Admont betreiben einen der erfolgreichsten Social-Media-Auftritte einer Ordensgemeinschaft im deutschsprachigen Raum. Fast 250.000 Menschen pro Monat schauen sich die Beiträge an. Dahinter steckt eine klare PR-Strategie, die auch wirtschaftliche Ziele verfolgt.

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Ausgerechnet mit dem Beitrag einer Comedy-Seite ging es so richtig los für das Benediktinerstift Admont. Das englischsprachige Portal "9GAG" postet am 26. März Fotos auf Instagram sechs Fotos der Stiftsbibliothek des Klosters in der österreichischen Steiermark. Über 582.000 User geben dem Beitrag, der eigentlich als Werbung für eine Reiseseite gedacht ist, ein "Gefällt mir". Ein Kloster geht viral – zumindest im Vergleich zu der üblichen Reichweite von Ordensgemeinschaften.

Zur ganzen Wahrheit gehört zwar, dass eine halbe Millionen Likes für einen Beitrag von "9GAG" eher normal sind. Für das Stift Admont war es jedoch ein unerwarteter Aufmerksamkeitsschub – bei dem die Mitbrüder nun selbst dafür sorgen, dass die Aufmerksamkeit in den Sozialen Netzwerken hoch bleibt. Das Stift Admont postet auf Facebook, Instagram und Flickr - knapp eine Viertel Millionen User pro Monat bekommen die Beiträge auf Facebook angezeigt. Dazu wird die Internetseite des Stifts mehr als 60.000 Mal im Monat besucht. Es ist die größte Internet-Reichweite innerhalb der deutschsprachigen Klöster, hinter der eine klare Marketingstrategie steckt. Sowohl für die Produkte und Häuser des Klosters, als auch für die Botschaft Jesu Christi.

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Frater Vinzenz, 25, Theologiestudent mit jungenhaftem Aussehen, bespielt die sozialen Kanäle des Benediktinerstifts gemeinsam mit Pater Ulrich (44). Wenn Frater Vinzenz eine Mail verschickt, schließt sie mit der Signatur: fr. Vinzenz Schager OSB. Benediktinerstift Admont. Zeremoniär. Social Media.

Messgewand wird zum Aufreger

Das Duo beantwortet die Privatnachrichten und reagiert auf die Kommentare. Auf der Facebook-Seite mit 30.000 Fans erhalten die meisten Beiträgen keine zehn Kommentare – dagegen bündelt sich die Aufmerksamkeit bei kontroversen Themen. Zum Beispiel bei einem Foto eines Kunstwerks, das für den Bischof der Diözese Innsbruck angefertigt wurde: ein durchsichtiges Messgewand. Frater Vinzenz spricht davon, dass der Beitrag eine Kommentar-Flut ausgelöst habe. 149 Kommentare hat das Foto heute – der 25-Jährige hat sie durchgearbeitet. Beleidigungen gelöscht. Kritik begegnet mit ein Einwand, dass Kunst Geschmacksache ist. Erklärt, weshalb der Priester überhaupt ein Messgewand trägt: um bei der Feier der Sakramente Jesus Christus zu repräsentieren. Um ihn in den Mittelpunkt und sich selbst zurückzustellen.

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Theologisch zu bilden und den Glauben zu verkünden – dieser Möglichkeit geht Frater Vinzenz in den Sozialen Netzwerken nach. Was denken die älteren der 25 Geistlichen des Stifts aus dem Jahr 1074 darüber? Zwar hätten einige ältere Mitbrüder keinen Computer, doch der Pater, der am längsten in dem Stift lebe, sei 80 und teile die Beiträge fleißig auf Facebook, sagt Frater Vinzenz. Und kommentiert: "Ich bin seit fünf Jahren hier im Stift. Ich habe es noch nie erlebt, dass es ein Argument war, dass wir früher so etwas nicht gemacht haben".

So ploppt jeden Tag mindestens ein neuer Post des Stifts auf Facebook auf. Für die Sozialen Netzwerke eine eher geringe Frequenz, mit der die Benediktiner aus Admont auch nicht gegenüber anderen Ordensgemeinschaften in wie Heiligenkreuz, Maria Laach oder Münsterschwarzach herausstechen. Das tun sie dann schon eher durch die Vielfalt und strategische Planung dahinter. Die PR-Abteilung des Stifts konzeptioniert den Auftritt in den Sozialen Netzwerken in Redaktionssitzungen gemeinsam mit den Geistlichen – "um die Breite unseres Hauses darzustellen", wie es Frater Vinzenz beschreibt. Sie veröffentlichen mal eine Ankündigung der Veranstaltung "Im Museum ist der Bär los", mal ein Gruppenfoto nach der Erstkommunion in einer der Pfarrgemeinden, mal ein Hochglanz-Bild mit einem Zitat aus dem Sonntagsevangelium, mal ein Video von Frater Vinzenz, wie er an einer Reihe von fünf Zapfhähnen steht und sich ein Glas Wein einschenkt. "Wir können davon zeugen, dass wir Mönche nicht in der Barock-Zeit stehengeblieben sind", kommentiert Frater Vinzenz.

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Das letztgenannte Video ist ebenso ein klares Signal, dass es dem Stift beim Social-Media-Auftritt auch ums Geld geht. Das Haus verkauft online die Getränke aus dem eigenen Weingut. Auf den Sozialen Netzwerken machen sie dafür Werbung – mal mehr, mal weniger direkt. "Das Potenzial ist enorm und auch an unseren Ideen wird es nicht scheitern", sagt Mario Brandmüller, Leiter der PR-Abteilung des Benediktinerstifts, großspurig. Man überlasse nichts dem Zufall. Brandmüller sieht die Sozialen Netzwerke in der Zukunft auch als direkten Absatzmarkt für die Weine des Stifts. Das ist gut möglich, da in der vergangenen Woche die Pläne von Facebook-Chef Mark Zuckerberg bekannt wurden, in Zukunft direkt auf Facebook und Co. mit einer Digitalwährung zu bezahlen.

Social Media als Weg der Verkündigung und des Vertriebs

Der Social-Media-Auftritt des Klosters wurde im Zuge der neuen Marketingstrategie im Jahr 2018 erschaffen. Die PR-Abteilung entwickelte ein Corporate Design für alle Bereiche des Stifts. Neben der mittlerweile auch auf Instagram berühmten Bibliothek gehört dem Kloster ein Pflegeheim, eine Schule, ein Museum, ein Skigebiet, ein Stromanbieter, eine Firma, die Holzböden herstellt, und vieles mehr. Das Benediktinerstift in Admont – ein Ort des Glaubens und ein Wirtschaftsfaktor für seine Region. Um diese Bekanntheit weiter zu steigern, steckt Brandmüller das Ziel, durch die Sozialen Netzwerke künftig bis zu einer Millionen Menschen pro Monat zu erreichen.

Bild: ©Stift Admont

Das Stift Admont in der österreichischen Steiermark ist ein Wirtschaftsfaktor für die Region Gesäuse.

An der Reichweite arbeitet Frater Vinzenz, der privat dem Papst, einigen Bischöfen und auch katholisch.de folgt, nun täglich. Überall Fotos schießen, Texte schreiben, Texte zu korrigieren und veröffentlichen – für ihn und Pater Ulrich eine herausfordernde Aufgabe, für die sie die nötige Zeit erhalten. "Die Rückmeldungen zeigen uns: Das Interesse an Kirche ist da. Wir müssen nur sagen, wer wir sind und wofür wir stehen", sagt Frater Vinzenz. Deshalb planen die Geistlichen zusammen mit der PR-Abteilung in Redaktionssitzungen, wie der Auftritt weiterentwickelt werden kann. Für diesen Sommer ist eine Kampagne angedacht, um die 26 Pfarreien, die in das Stift inkorporiert sind, vorzustellen. Das Stift betreut die Gemeinden nicht nur seelsorglich, sondern finanziert sie auch.

Anders als PR-Mann Brandmüller denkt Frater Vinzenz beim Erfolg des Internetauftritts nicht in Zahlen. Egal ob 30.000 oder 100.000 Likes auf Facebook – für ihn sei es der größte Erfolg, wenn jemand aufgrund des Social-Media-Auftritts den Wunsch verspüre, Ordensmann zu werden und in das Kloster eintrete. "Dann haben wir alles erreicht, was wir erreichen können."

Von Tobias Schulte