Deutsche und polnische Bischöfe: Müssen Versöhnung vorantreiben
Deutsche und polnische Bischöfe haben mit Blick auf den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren zu mehr Einsatz für den Frieden aufgerufen. Mit den "Früchten der Versöhnung" gelte es verantwortungsbewusst umgehen, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung, die am Samstag in Bonn veröffentlicht wurde. Unterzeichnet ist sie von den Vorsitzenden der katholischen Bischofskonferenzen beider Länder, Erzbischof Stanislaw Gadecki und Kardinal Reinhard Marx, sowie von den Co-Vorsitzenden der Kontaktgruppe der Polnischen und der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Jan Kopiec und Erzbischof Ludwig Schick.
80 Jahre nach dem deutschen Angriff auf Polen erinnern die Bischöfe insbesondere an die sechs Millionen Polen, "darunter drei Millionen Juden, die Opfer des verbrecherischen Nazisystems wurden. Wir sind uns des Schmerzes bewusst, den die Opfer und die Angehörigen erlitten haben und der bis heute zu spüren ist." Um dieses Leid zu überwinden, gelte es, sich "aufrichtig am Prozess der Versöhnung zwischen unseren Nationen zu beteiligen". Mit dem Versöhnungsangebot der polnischen Bischöfe habe 1965 ein neues Kapitel begonnen, heißt es in der Erklärung weiter. Die deutschen Bischöfe hätten diese "entgegengestreckte Hand dankbar angenommen. Heute bringen wir all denen, die diesen ehrlichen Dialog begonnen haben, unseren tiefen Respekt zum Ausdruck."
Die heutige Generation erlebe viele Veränderungen zum Guten, betonen die Bischöfe. Sie fordern zugleich, "dass unsere Beziehungen nie wieder von Gewalt, gegenseitigem Misstrauen oder Ungerechtigkeit geprägt sein dürfen". Es gelte, die Einheit Europas zu festigen und zu vertiefen: "Wir appellieren an alle, aus der gemeinsamen Erinnerung an die von Gewalt und Unrecht belastete Vergangenheit und ebenso aus der Erinnerung an die ermutigenden Zeugnisse der Menschlichkeit Kraft und Inspiration für das weitere gemeinsame Handeln für Frieden und Einheit zu schöpfen."
Koch: Wissen zu wenig über polnische Nachbarn
Der Berliner Erzbischof Heiner Koch rief dazu auf, sich mehr für das Nachbarland Polen zu interessieren. "Noch immer wissen wir viel zu wenig über unsere polnischen Nachbarn", sagte Koch am Samstag im rbb-Radio. "Seit 30 Jahren ist nicht nur die innerdeutsche Grenze, sondern auch die nach Polen offen, doch immer noch stehen fehlende Sprachkenntnisse - vor allem auf deutscher Seite - einer weiteren Annäherung im Weg." Der Bischof würdigte die Haltung der polnischen Bischöfe nach Ende des Krieges und ihre Bereitschaft, die deutschen Gräueltaten zu vergeben und ihrerseits um Vergebung zu bitten. Diese Einstellung sei auch heute noch aktuell. "Es gibt so viele Gründe auf unsere Nachbarn zuzugehen mit der Bitte um Vergebung, mit der ausgestreckten Hand und mit der Einladung zum Gespräch", betonte Koch. "Fehler, Schuld und Sünde einzugestehen ist nicht einfach, aber es steht am Beginn."
Vor 80 Jahren, am 1. September 1939, begann der Zweite Weltkrieg mit dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen. Rund 60 Millionen Menschen verloren während des sechs Jahre dauernden Krieges ihr Leben. (tmg/KNA)