EKD-Ratzsvorsitzender Bedford-Strohm stellt Projekt vor

Evangelische Kirche schickt Schiff zur Rettung von Flüchtlingen

Veröffentlicht am 12.09.2019 um 12:07 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Die Idee, ein eigenes Schiff zur Seenotrettung von Flüchtlingen im Mittelmeer zu senden, wird innerhalb der evangelischen Kirche bereits seit dem Kirchentag im Juni diskutiert. Jetzt wird die Sache konkret.

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Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) will ein Schiff zur Seenotrettung von Flüchtlingen ins Mittelmeer schicken. Dazu werde im Verbund mit anderen Organisationen ein Verein gegründet, der ein Schiff kaufen soll, sagte der EKD-Ratsvorsitzende, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, am Donnerstag in Berlin. "Dass Menschen ertrinken, dass Menschen sterben, ist etwas, was nie jemand hinnehmen kann - erst recht nicht Menschen, die sich dem christlichen Glauben verpflichtet fühlen."

An dem Verein würden sich große und kleine Einrichtungen, Sportvereine, Hilfsorganisationen, Kirchengemeinden, Schulen und auch Theater beteiligen, sagte Bedford-Strohm. Die Gründung solle in den kommenden Wochen vorbereitet werden. Kauf und der üblicherweise nötige Umbau des Schiffes würden Monate dauern. Der Ratsvorsitzende sprach von erwarteten Kosten im hohen sechsstelligen oder niedrigen siebenstelligen Bereich. Das geplante Bündnis könne dafür auch Spenden einwerben. Die EKD werde das Schiff nicht selbst betreiben, betonte der Landesbischof.

Bei dem geplanten Rettungseinsatz gehe es nicht nur um Symbolik, sondern um exemplarisches Handeln. "Es werden ganz konkret Menschen gerettet", sagte Bedford-Strohm. Zugleich forderte er, dass es dringend eine politische Lösung für die Verteilung der aus Seenot geretteten Flüchtlinge innerhalb Europas geben müsse. Auch die Kriminalisierung von Seenotrettern müsse ein Ende haben. Es sei unverantwortlich, Menschen der sogenannten libyschen Küstenwache zu übergeben. Der Ratsvorsitzende sprach sich zudem für eine Wiederaufnahme der staatlichen Seenotrettung aus.

"Die Bundesregierung darf sich nicht länger herausreden"

Vertreter von Hilfs- und Rettungsorganisationen verlangten sichere Fluchtwege nach Europa. "Noch immer sterben jeden Tag Menschen bei dem verzweifelten Versuch, über das Meer nach Europa zu fliehen", sagte etwa Tareq Alaows vom Verein Seebrücke. "Die Bundesregierung darf sich nicht länger damit herausreden, dass eine europäische Lösung fehlt." Deutschland müsse zusagen, vorerst alle aus Seenot geretteten Menschen aufzunehmen. "Damit könnte das unsagbare Leid der Menschen auf der Flucht sofort beendet werden."

Der Potsdamer Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD), der sich am Bündnis Städte Sicherer Häfen von 90 Kommunen zur Aufnahme von Geretteten beteiligt, forderte ebenfalls mehr Unterstützung von der Bundesregierung. Es sei der Wille der Bürger der Städte, Menschen aufzunehmen. Dies könne man nicht ignorieren. Es gehe darum, bis zu einer europäischen Lösung einen vernünftigen Einstieg in das Thema zu finden. Bislang habe das Bündnis noch keinen einzigen Menschen aus Seenotrettung aufgenommen.

Die katholische Deutsche Bischofskonferenz begrüßte das Engagement der evangelischen Kirche. "Bereits jetzt unterstützen die Kirchen die Seenotrettung auf vielfältige Weise", sagte Sprecher Matthias Kopp auf Anfrage. Auch auf katholischer Seite werde es weiter Aktivitäten in diesem Feld geben. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, ermuntere dazu, sich weiter zu engagieren.

Die Idee, ein eigenes Schiff zu entsenden, wird innerhalb der evangelischen Kirche seit dem Kirchentag im Juni in Dortmund diskutiert. Eine Resolution der dortigen Teilnehmer hatte die EKD aufgefordert, mit einer eigenen Rettungsmission ein Zeichen zu setzen. Im Mittelmeer sind mehrere Hilfsorganisationen immer wieder mit eigenen Rettungsschiffen im Einsatz. Italien und Malta als nächste Anrainerstaaten verweigern regelmäßig die Einfahrt in ihre Häfen. Die geretteten Menschen an Bord müssen daher meist tagelang auf den Schiffen ausharren, bis sich genug europäische Staaten zu ihrer Aufnahme bereiterklären. Über eine dauerhafte Lösung wird seit langem diskutiert. In der kommenden Woche will sich Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) mit der neuen italienischen Innenministerin Luciana Lamorgese in Berlin treffen. Am 23. September kommen die EU-Innenminister auf Malta zusammen und wollen Seehofer zufolge einen Vorschlag für die Regierungschefs der EU erarbeiten. (tmg/KNA/epd)

12.9., 12:45 Uhr: Ergänzt um Absatz 6.