Fluggesellschaft entscheidet sich für Benediktinertropfen

Ein Klosterwein über den Wolken

Veröffentlicht am 09.11.2019 um 12:01 Uhr – Lesedauer: 

Ligertz ‐ Das Schweizer Kloster Engelberg kommt in luftige Höhen, jedenfalls in Form seines Weines. Die Trauben sind seit vielen Jahrhunderten mit dem Kloster verbunden, trotzdem ist die Geschichte des Klosterweins noch sehr jung. Winzer Beat Burkhardt spricht im Interview über den Tropfen.

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Wer kommendes Frühjahr mit der Fluggesellschaft Swiss erster Klasse fliegt und Wein bestellt, bekommt ein Klosterprodukt. Der Weißwein des Klosters Engelberg im schweizerischen Kanton Obwalden hat sich in einer Blindverkostung durchgesetzt und wird passend zum 900. Jubiläum der Benediktinerabtei serviert. Seit zwei Jahren ist der Winzer Beat Burkhardt aus Ligerz am Bielersee für die Trauben zuständig.

Frage: Herr Burkhardt, der Wein des Kloster Engelberg wird kommendes Jahr in der ersten Klasse der Swiss ausgeschenkt. Hat Sie das überrascht?

Burkhardt: Ja und nein. Ich durfte die Fluggesellschaft bereits vor ein paar Jahren mit einem anderen Wein beliefern. Da freut es mich, dass es jetzt das zweite Mal mit einem anderen Wein aus meinem Keller geklappt hat.

Frage: Was für ein Wein ist das?

Burkhardt: Das ist ein Wein aus Trauben der Sorte Gutedel, die wir hier in der Schweiz Chasselas nennen. Ein bekömmlicher Weißwein, der gut als Aperitif, zu Fisch oder dem Hartkäse aus der Region des Klosters Engelberg passt. Diese Traubensorte hat hier in der Westschweiz Tradition. Man schmeckt den mineralischen Boden heraus, aber auch eine Note von Lindenblüten klingt an. Im Gaumen ist er weich und hat eine saftige Säure.

Frage: Inwiefern ist dieser Wein für die Region typisch?

Burkhardt: Ein Drittel des gesamten Weines, den wir hier in der Region anbauen, ist Chasselas. Weil die Rebe so leicht und der Geschmack manchmal fast ein bisschen neutral ist, lässt sich der Boden, das Terroir, gut herausschmecken – und die Handschrift des Winzers ist klar ersichtlich.

Frage: Inwiefern?

Burkhardt: Dieser Wein ist eigentlich in Anbau und Keltern eine sehr schwierige Sorte. Weil er nicht besonders üppig oder schwer ist, schmeckt man am Ende den geringsten Fehler des Winzers heraus. Dieser Wein verzeiht nichts. Es muss ein guter Wein sein, der auch für Feste wie etwa Hochzeiten und offizielle Anlässe taugt.

Bild: ©Kloster Engelberg

Der Klosterwinzer Beat Burkhardt (li.) mit Pfarrer Patrick Ledergerber und Geschäftsführer Daniel Amstutz vor dem Klosterweingut.

Frage: Wie eng sind die Bande zum Kloster?

Burkhardt: Mit dem Kellermeister und dem Geschäftsführer des Klosters habe ich am meisten zu tun, aber die lassen mich eigentlich machen und geben nur Vorgaben welche die Qualität betreffen. Das ist ja auch erst der zweite Jahrgang, den ich für das Kloster machen darf.

In der Region um den Bielersee besaß das Kloster Engelberg früher Rebland, das die Engelberger Mönche aber vor 1435 verkauften, weil der Transportweg zum Kloster zu lang war. Heute braucht man für die Strecke mit dem Auto knapp zwei Stunden, vor 600 Jahren also eine riesige Entfernung für Weinlieferungen. Vor zwei Jahren hatte das Kloster dann die Möglichkeit, diesen Weinberg zurückzukaufen, weil der damalige Besitzer keine Nachfolger hatte. Zur gleichen Zeit hatte ich mich ebenfalls für das Land interessiert. Dadurch ist eine Zusammenarbeit entstanden: Von den rund drei Hektar Rebland bewirtschafte ich ein Drittel für das Kloster, die restliche Fläche habe ich vom Kloster Engelberg pachten können.

Frage: Hat das Winzerhandwerk für Sie auch eine spirituelle Komponente?

Burkhardt: Ja, schon. Man braucht ein gewisses Gespür und kann nicht einfach alles nach dem Schulbuch oder Rezept machen. Das ist auch eine spirituelle und emotionale Sache.

Frage: Was ist der schwierigste Arbeitsgang?

Burkhardt: Das Abfüllen. Das ist der letzte Schritt, danach kann man nichts mehr machen. Wenn der Wein in der Flasche ist, ist Schluss. Dann zeigt sich, ob man gut geplant hat und ob alles funktioniert. Aber eigentlich lassen sich die einzelnen Schritte gar nicht so sehr auseinanderhalten. Man kann nicht sagen, welcher Schritt den Wein am meisten ausmacht. Im Gespräch mit anderen Winzern merke ich das immer wieder: Einerseits kann man das Rad nicht neu erfinden, andererseits ist jeder Jahrgang anders. Deshalb kann man mit Kollegen zwar Erfahrungen austauschen, aber man kann kaum voneinander abschauen.

Frage: Kann man den Wein überhaupt noch kaufen?

Burkhardt: Normalerweise wird er im Kloster in dessen Laden direkt verkauft, ist aber schon sehr gut abgesetzt worden. Durch die Bestellung der Swiss ist jetzt der Jahrgang 2018 ausverkauft. Ich habe nur noch von ein paar Restbeständen für den Eigengebrauch des Klosters gehört, die noch übrig sind.

Von Christoph Paul Hartmann