"Schon lange auf der Suche nach einem Angelhaken in meinem Leben"

Landesbischof Rentzing entpflichtet – respektloser Umgang beklagt

Veröffentlicht am 15.11.2019 um 14:07 Uhr – Lesedauer: 

Dresden ‐ Texte aus seiner Studentenzeit kosteten ihn das Amt: Der sächsische Ex-Landesbischof Carsten Rentzing wurde am Freitag entpflichtet. Bei der Verabschiedung distanzierte er sich von seiner Vergangenheit, kritisierte aber auch seine Kirchenleitung.

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Sachsens zurückgetretener evangelischer Landesbischof Carsten Rentzing (52) ist am Freitag in Dresden in einem Gottesdienst aus dem Amt verabschiedet worden. Rentzing hatte Mitte Oktober sein Amt zur Verfügung gestellt, nachdem bekanntgeworden war, dass er während seiner Studienzeit Kontakte zu rechtskonservativen Milieus hatte und entsprechende Texte veröffentlichte. In einer persönlichen Erklärung nach dem Gottesdienst bat er um Verzeihung für eigenes Fehlverhalten, übte aber auch Kritik an der Kirchenleitung. Der Gottesdienst war der Auftakt der Herbsttagung der Synode der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens (EVLKS).

In seiner Erklärung gab Rentzing "falsche und unzulängliche Kommunikation" seinerseits nach Bekanntwerden der ersten Vorwürfe gegen ihn zu. Er sei überfordert gewesen. Bei der Bewertung seiner Artikel aus der Zeit von 1989 bis 1992 hätte er sich indes mehr Sorgfalt gewünscht. Von seinen damaligen Texten habe er sich bereits vor 25 Jahren distanziert. Er vertrete die Auffassung, dass nationaler Geist, der sich selbst überhebe und andere verachte, christlichem Geist widerspreche. Für eine rechtskonservative Zeitschrift hatte Rentzing als Student Texte geschrieben, welche seine Kirchenleitung als "elitär, in Teilen nationalistisch und demokratiefeindlich" wertete.

Der Theologe betonte, zum Rücktritt habe ihn niemand gedrängt. Diese Entscheidung habe er allein getroffen. "Ich durfte meiner Kirche keine Debatte über einen vermeintlich rechtslastigen Bischof zumuten", fügte er hinzu. Mit der Entscheidung, darüber zu schweigen, sei er nur einem "geistlichen Prinzip" gefolgt. Weiter kritisierte Rentzing die Art der Erklärungen gegen ihn. Damit sei eine "Form politischer Agitation" innerhalb der Kirche angewendet worden. Dies zerstöre die kirchliche Gemeinschaft. Er kenne keine progressive, liberale oder konservative Kirche, nur die eine Kirche des Herrn Jesus Christus.

Weg, in fremden Biografien herumzuwühlen, sei verheerend

Den Weg, in fremden Biografien herumzuwühlen, halte er für verheerend. "Wie hätte ich mir vorstellen sollen, dass man schon seit langem auf der Suche nach einem Angelhaken in meinem Leben war", so Rentzing wörtlich. "Man hat gesucht und schließlich hat man gefunden." Dennoch gehe er nicht im Zorn, sondern im Frieden, betonte Rentzing.

Zuvor hatte der Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Ralf Meister, in seiner Predigt appelliert, in persönlichen Angelegenheiten auch das persönliche Gespräch zu suchen. "Petitionen über Personen sind gnadenloses Gift", sagte Meister unter Beifall der Gottesdienstbesucher. Weiter mahnte er, das eigene Verhalten zu hinterfragen und auf die eigene Sprache zu achten. Das gelte auch für Leserbriefe oder Facebook-Beiträge. Synodalpräsident Otto Guse würdigte Rentzing als Theologen, der sich "reflektiert und besonnen" in Debatten eingebracht habe. Wegen seiner Fähigkeit, Brücken zu bauen, sei er 2015 zum Landesbischof gewählt worden. Besonders wichtiges Anliegen seien ihm Gespräche gewesen. Auf diese habe er gesetzt, nicht auf Ausgrenzung. Manche indes hätten seine klare Positionierung vermisst. Die Wahl eines Nachfolgers Rentzings durch die Landessynode der EVLKS ist für den 29. Februar/1. März 2020 geplant.

Der Dresdner Bischof Heinrich Timmerevers hatte den Rücktritt Rentzings mit großem Bedauern aufgenommen. Mit Rentzing hätten ihn "Jahre enger, vertrauensvoller und ungetrübter Zusammenarbeit in der Ökumene" verbunden, erklärte er Ende Oktober. "Vor der getroffenen Entscheidung habe ich hohen Respekt", betonte Timmerevers. "Ich habe meinen evangelischen Amtsbruder als glaubhaften und geistlichen Menschen schätzen gelernt." Der Bischof des Bistums Dresden-Meißen erinnerte auch "an viele gemeinsam gefeierte Gottesdienste und sehr persönliche Begegnungen". (tmg/KNA)