Misereor befürchtet "Erosion von Demokratie" in Lateinamerika
Angesichts von Unruhen in zahlreichen Ländern Lateinamerikas befürchtet Misereor eine "Erosion von Demokratie". Zugleich gebe es Zeichen der Hoffnung, sagte Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer des Werks für Entwicklungszusammenarbeit, am Samstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Bonn. Internet und Soziale Medien eröffneten gerade jungen Menschen neue Chancen der Teilhabe. Von einem "lateinamerikanischen Frühling" in Anlehnung an den "Arabischen Frühling" von 2010/11 zu sprechen, halte er allerdings für verfehlt, betonte Spiegel.
Es sei offen, wie die jeweiligen Regierungen mit den Protesten umgingen, erläuterte Spiegel, der selbst jahrelang als Seelsorger in Brasilien tätig war. Es bestehe die Gefahr, dass die Konflikte mit Gewalt gelöst würden. Das würde einen Rückfall in die 1960er- bis 1980er-Jahre bedeuten, als in vielen Ländern das Militär an der Macht war.
Aufgabe für die Kirche
Die in den 1990er-Jahren einsetzenden demokratischen Prozesse und ein auf Ressourcenabbau und Agrarexporten basierender wirtschaftlicher Aufschwung hätten das Bedürfnis nach einem starken Mann oder einer starken Frau an der Spitze des Staates offenbar nicht verdrängt. Weiterhin gehörten zudem Korruption, Misswirtschaft und soziale Ungleichheit zur DNA Lateinamerikas, sagte Spiegel.
Eine vermittelnde Rolle in den aktuellen Konflikten könnten die Kirchen übernehmen "indem sie eintreten für Menschenrechte, für den Respekt vor Verschiedenheit und Würde, für den Kampf gegen soziale Exklusion und für friedliche Lösungen", so der Misereor-Chef. Die von Papst Franziskus einberufene Amazonas-Synode habe exemplarisch gezeigt, wie die Dialogprozesse stattfinden und umgesetzt werden könnten. - Spiegel äußerte sich am Rande der Herbstvollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. (KNA)